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ZAC'S & NELE'S FLAT - Druckversion +- LOS ANGELES # SAN FRANCISCO (http://california.bplaced.net) +-- Forum: ARCHIVE (/forumdisplay.php?fid=23) +--- Forum: CLOSED THREADS (/forumdisplay.php?fid=25) +--- Thema: ZAC'S & NELE'S FLAT (/showthread.php?tid=42) |
RE: ZAC # NELE - Zac William Coles - 23.08.2015 18:36 Im Nachhinein könnte ich nicht einmal sagen, wie lange ich draußen durch die dunklen Straßen lief oder danach auf einer Mauer saß, in den Himmel starrte und dabei versuchte das in mir zu ordnen, was seit Lahjas Erscheinen immer wieder außer Kontrolle geriet. Das waren auch die Momente, in denen ich verstand, weshalb Drogen so unglaublich verlockend waren. Und weshalb ich mich vor sechs Jahren entschieden hatte damit aufzuhören. Es wäre so leicht meine Gefühle zu beeinflussen, diese Vorwürfe zum Schweigen zu bringen und ein wenig glücklicher zu sein, aber all diese negativen Emotionen, die gerade gnadenlos auf mich drückten, hatte ich verdient. Ich hatte es verdient so zu fühlen. Und nur feige Personen suchten sich den einfachsten Ausweg. Statt vor mir selber zu fliehen, behielt ich auch diesmal einen völlig klaren Kopf, in dem sich die vergangenen Wochen und Monate noch einmal abspielten, während ich versuchte für mich selber herauszufinden, was ich eigentlich wollte. Ich musste mit Nele reden, das war klar, aber unsere Beziehung hatte keine Zukunft. Auch das hätte eigentlich klar sein sollen. Ich würde morgen ihre Eltern anrufen und auch mit ihnen sprechen, mit ihnen gemeinsam eine Möglichkeit finden, aber ich konnte Nele auch nicht einfach im Stich lassen. Ich würde für sie da sein, solange sie mich brauchte, aber nicht als Partner, sondern einfach- als Freund. Als jemand, dem sie unheimlich wichtig war, aber der sich nicht mehr zu ihr hingezogen fühlte. Gemeinsam mit ihrem Therapeuten würde sie lernen das zu verstehen, hoffte ich zumindest. Was aus Lahja werden würde, das rutschte weit in den Hintergrund, denn in meinem Leben ging es gerade nicht darum, dass ich mit ihr zusammen sein wollte, sondern erst einmal darum, dass ich nicht mehr mit meiner Freundin zusammen sein konnte. Das war der erste Schritt und das war auch völlig unabhängig von dem, was ich für Lahja empfand. Ich war schon vorher nicht glücklich gewesen, sie hatte mir nur einen Ausweg daraus gezeigt. Weil ich wusste, wie sehr ich Nele damit verletzen würde, blieb ich noch einige Zeit länger auf dieser Mauer sitzen, starrte ziellos ins dunkle Nichts mir gegenüber, ehe ich mich mit einem Nicken selber motivierte und wieder aufstand. Langsam lief ich durch die Straßen zurück zu unserer Wohnung, so als wollte ich das, was mich dort erwartete, noch länger hinaus zögern. Wenn ich doch in dem Moment schon gewusst hätte, wie bitter ich das später bereuen würde. Aber als ich die Haustür unten aufschloss, war die schlimmstmögliche Situation, die ich mir vorstellen konnte, dass Nele mich einfach wieder vor die Tür setzte und meine Erklärungen nicht einmal hören wollte. Oder, dass sie aufgrund ihrer Krankheit den Unterschied nicht verstand. Aus Angst davor raste auch mein Herz, als ich in unserer Etage ankam und nach dem passenden Schlüssel für die Wohnungstür suchte. Doch auch nur so lange, bis ich probierte die Tür mit meinem Schlüssel zu öffnen, aber daran bereits scheiterte. Unsicher senkte ich meinen Blick auf das Schloss, versuchte es noch einmal. Und noch einmal. Ich klopfte gegen das Holz, mehrmals, immer lauter und rief sogar nach Neles Namen, aber da kam nichts. Keine Reaktion. Und es war, als öffnete man mir in diesem Moment die Augen. In Sekundenschnelle breitete sich eine ganz andere Angst in mir aus, die ich bis zu diesem Moment nicht einmal an mich heran gelassen hatte, aber die jetzt ganz präsent wurde. Was, wenn sie sich was angetan hatte? Was, wenn sie deshalb nicht auf mich reagierte? Noch einmal rief ich laut ihren Namen, hämmerte gegen die Tür, aber als auch darauf keine Reaktion folgte, tat ich das Einzige, was ich tun konnte. Ich nahm zwei Schritte Anlauf und stieß mit voller Kraft meine Schulter gegen die Tür. Sie wackelte im Rahmen, doch das Schloss hielt. Noch. Drei weitere Male musste ich noch dagegen springen, bis das Holz endlich nachgab und die Tür aus den Angeln sprang, aber es war absurd wie normal alles dahinter schien. Das Licht im Flur war noch an, da waren keine Geräusche, die vorher nicht da gewesen waren. Wenn ihre Schuhe nicht direkt im Flur ständen, hätte ich einfach geglaubt, sie wäre nicht da, aber das war nicht die Erklärung. Ihr Schlüssel hatte mir den Weg versperrt, Nele war hier. Irgendwo. Doch genau das löste etwas in mir aus, was mich beängstigte, denn wenn sie hier war - und wenn sie bei Bewusstsein war - hätte sie spätestens auf mich reagiert, als sie hörte, wie ich mich selber gegen die Tür warf. Aber da war nichts, ich hörte noch immer nicht ihre Stimme, obwohl meine Sinne wegen der Angst und des dadurch ausgestoßenen Adrenalins viel besser funktionierten, als üblich. Ebendiese Sinneserweiterung sorgte dann auch dafür, dass mir die Briefe überhaupt ins Auge stachen, als ich in das erstbeste Zimmer hinein stürzte, auf der Suche nach meiner Freundin. Unsere Wohnung war sowieso meistens aufgeräumt, selten lag etwas einfach so herum, vielleicht trug das auch noch dazu bei, dass meine Augen an dem Couchtisch hängen blieben. Doch obwohl sich die Angst über einen möglichen Suizid schon eben vor der Wohnungstür ausgebreitet hatte, konnte ich trotzdem den Zusammenhang nicht direkt herstellen. Stattdessen ging ich drei Schritte in den Raum hinein, gerade so weit, bis ich durch meine zusammen gekniffenen Augen lesen konnte, dass einer davon für mich bestimmt war und einer für ihre Eltern. Ohne Adresse, da standen nur unsere Namen, in Neles schönster Schrift geschrieben. Und dann geschah alles wie in Trance. Innerhalb einer schmerzhaften Sekunde gab es keinen Zweifel mehr daran, dass meine Freundin tatsächlich versucht hatte sich in dieser Wohnung das Leben zu nehmen. Mein Herzschlag setzte einmal aus, um dann in rasender Geschwindigkeit zurück zu kehren. Ich hörte mich selber immer wieder Nein nein nein nein nein nein keuchen, in einer endlosen Schleife, aber ich konnte auch nichts tun, um meine Stimme zu kontrollieren. Die Worte kamen einfach so ungewollt hinaus, während ich aus dem Wohnzimmer heraus rannte und direkt auf die geschlossene Badezimmertür zu. Ich zögerte nicht eine Sekunde, obwohl ich ahnen konnte, was mich dahinter erwarten würde, sondern warf mich auch gegen diese Tür, stieß sie auf und wurde von dem Schock auf einmal so überrannt, dass nichts mehr existierte. Da waren keine Gefühle, keine Geräusche, nur Leere. In ein paar Stunden hätte ich Schwierigkeiten mich überhaupt noch an diesen Moment zu erinnern. Ich spürte keinen Schmerz und keine Angst, obwohl sich all diese Emotionen zweifellos auf meinem Gesicht spiegelten. Ich dachte nicht bewusst darüber nach, wie ich auf die Badewanne zu stürzte, wie ich mit einem Bein in das rot getränkte Wasser trat und mit meinen Armen den Körper von Nele umgriff. Wie ich sie in ihrem nassen, rötlichen Kleid an mich drückte, wie ich laut ihren Namen schrie und dann wieder in die endlose Wiederholung meines Nein nein nein verfiel. Ich würde mich später nicht mehr daran erinnern, wie ich mit ihrem Körper in meinen Armen vor der Badewanne auf den Boden sank, wie ich mit zitternden Fingern das Handy aus meiner Hosentasche holte und den Notruf wählte. Ich hatte keine Ahnung, was ich der sympathischen Frauenstimme am anderen Ende der Leitung sagte, wie ich ihr die Situation erklärte und ob ich dabei stotterte oder völlig klar war. Das alles wäre in ein paar Stunden aus meinem Gedächtnis gelöscht, ein ganz normaler körperlicher Schutzmechanismus, denn diesen Schmerz, den ich jetzt gerade spürte, dem konnte man nicht standhalten. Daran ging man Zugrunde. Ich tat alles, was ich tun konnte, indem ich in meinem Schock zwei Handtücher fest um Neles Handgelenke wickelte. Indem ich ihren Körper auf den Boden zog, ihre Beine über die Wanne legte und dann ihre Arme nach oben hielt, fest gegen die Verletzungen drückte, während ihr Kopf auf meinem Schoß auflag. Aber obwohl ich genau richtig handelte, in genau dieser Position blieb, bis der Notarzt eintraf und übernahm, würde ich mir das alles nie wieder verzeihen. RE: ZAC # NELE - Nele Hensley - 23.08.2015 19:30 Nele hörte weder, wie Zac ihren Namen gegen die Tür Schrie, noch wie diese dann nach dem vierten Sprung von ihm dagegen aus ihren Angeln sprang. Auch die Panik, die in der Wohnung sonst hätte spürbar sein müssen, erreichte sie nicht. Da, wo sie angekommen war, da hörte und fühlte sie rein gar nichts. Das Blut strömte so schnell in das warme Wasser, in dem sie lag, bald wäre sie angekommen, wo sie hin gewollt hatte. Es wäre auch nur Störend für sie gewesen, denn der Weg war ja Bewusst gewählt worden – die Krankheit hatte sie einfach Besiegt. Nele wollte in Ruhe gehen und eigentlich hatte sie sich genügend Informiert, eigentlich sollte der zeitliche Vorsprung reichen, bis Zac den Brief gelesen hätte und dann schließlich der Notarzt erst hier aufgetaucht wäre. Möglich, dass sie zu kurz Gedacht hatte, dass ihr Freund sich nicht in aller Seelenruhe den letzten Zeilen von ihr auf dem Papier widmete sondern panisch die Wohnung nach ihr Absuchen würde – weil er auch ohne das zu lesen Wissen würde, was sie getan hatte. Das er ihren leblosen Körper aus dem Wasser hob, alles daran setzend, jede Sekunde zu verhindern, in der sie sich weiter von ihrem Dasein verabschiedete. Trotzdem hatte sie schon unfassbar viel Blut verloren, nachher würde allen klar sein, wie kurz sie vor ihrem Ziel gestanden hatte. Jetzt aber noch nicht. Jetzt musste Zac darauf warten, wie die Sanitäter in die Wohnung kamen und sich um ihren leblosen Körper kümmerten. Musste in die ernsten Gesichter der Menschen blickten, die gerade alles daran setzten, ihren Wunsch zu vereiteln. Warum hatte er sie nicht gehen lassen? War er ihr das nicht Schuldig? Zu dem Zeitpunkt konnte sich aber noch keiner der Anwesenden sicher sein, dass Nele den morgigen Tag noch erleben würde und sie selber am wenigsten. Damit hatte sie abgeschlossen. Hektisch und Eilig brachte man die junge Frau ins Krankenhaus, sorgte für Verstärkung um sich um denjenigen zu kümmern, der sie gefunden hatte. Weil Zac unter Schock stand, wie einer der Sanitäter feststellte – nachdem er den Puls überprüft hatte und ihm in die Augen leuchtete. Natürlich war er unter Schock, dieser Anblick und das ganze Szenario, alles was davor passiert war. Auch ohne ihren schlaffen Körper darin sah die Badewanne mit dem blutroten Wasser fürchterlich aus. Zeigte ganz deutlich, hier war etwas schreckliches passiert. Hier hatte ein so junger Mensch vom Leben Abschied nehmen wollen. Alles Dinge, die Nele egal waren. Ihr Geist setzte erst wieder ein, als sie irgendwann schwach die Augenlider öffnete und mit Schrecken feststellte, das hier war nicht der Tod. Das war nichts weiter als das Zimmer in einem Krankenhaus. Die Sanitäter und Ärzte hatten alles gegeben, sie zu Retten. Immer wieder war es kritischer geworden und es dauerte geschlagene zwei Tage, bis sie Sicher sein konnten, Nele hatte es geschafft. Oder in ihren Augen verloren. Bis zu diesem Augenblick war sie im Koma gewesen und hatte erst gerade begonnen, sich mit Sauerstoff zu versorgen, ohne eine Maschine dafür zu brauchen. Jeder schien erleichtert, obwohl Nele vor Erschöpfung gleich die Augen wieder schloss und einschlief – es war Gewissheit, dass ihr Körper noch aus eigenem Antrieb funktionierte. In den wenigen Momenten, in denen sie wach gewesen war, hatte sie nicht gesehen ob die Erleichterung von einer Schwester ausging, ob ihre Eltern hier waren. Mit Zac´s Anwesenheit rechnete sie nicht. Das war vorbei. Einige Stunden schlief sie weiter, bis sie wieder bei Bewusstsein war. Bis sie sich das erste Mal mit ihren schmerzenden Unterarmen befassen konnte, unter den Verbänden müssten sie diese wieder zusammengenäht haben. Sie war noch ganz Wirr, gar nicht richtig da als schon die Trauer hereinbrach, gescheitert zu sein. Selbst da versagt zu haben und sie begann leise zu weinen. Der Weg danach, was das Bedeutete, das würde ihr später erst klar werden, wenn auch der Arzt ihr das sagen würde – dieser Versuch, sich das Leben zu nehmen, bedeutete für Nele nun ihre Freiheit einzutauschen. In eine geschlossene Psychotherapie zu kommen. Menschen, die ihr Helfen wollten, mit ihr Redeten obwohl sie niemand verstehen würde und Medikamente, die sie Glücklich machen sollten, wo kein Glück mehr war. Das Schluchzen allein strengte sie an, durch die Tränen gefüllten Augen konnte sie nicht mal etwas sehen. RE: ZAC # NELE - Zac William Coles - 24.08.2015 16:01 Alles, was passierte, nachdem die Notärzte in unserer Wohnung eintrafen, war wie in einem schwammigen Traum. So als stände ich mitten im Geschehen, könnte alles beobachten, aber nicht wirklich fassen. Als wäre mein Körper zwar dort, aber mein Geist nicht. Ich konnte nicht reagieren, nicht auf Fragen antworten, mich nicht dagegen wehren, dass einer der Ärzte auch auf mich zukam, mit einem grellen Licht in meine Augen leuchtete und auf ich einsprach. Keine Reaktion. Dass mein Verstand langsam zurückkehrte, geschah ebenfalls erst im Krankenhaus, etwa eine Stunde später, als die Aufregung langsam nachließ, als Ruhe in mir einkehrte. Man hatte mir eine Tablette in den Mund gelegt, aber wofür die war, hatte ich zu dem Zeitpunkt nicht verstehen können. Erst jetzt, in einem steril wirkenden Wartezimmer, mit einer Krankenpflegerin neben mir, ergaben die verzerrten Geräusche langsam wieder Wörter. Und aus Wörtern wurden Sätze. Ob ich mich an etwas erinnern könnte, fragte sie, aber ich war mir selber nicht ganz sicher. Da waren verschwommene Bilder in meinem Kopf, viel Blut und dann ohrenbetäubende Geräusche, aber es fiel mir schwer den Zusammenhang herzustellen, auch das kam erst ganz langsam im Laufe der Nacht zurück. Bruchstücke, die sich zu einem Ganzen zusammen setzten. Nele hatte versucht sich das Leben zu nehmen, mit einer Rasierklinge hatte sie sich die Pulsadern aufgeschnitten. Beinah wäre es zu spät gewesen, sagte mir ihr Arzt noch ein paar weitere Stunden später. Wenn ich nicht gewesen wäre und wenn ich nicht ihre Wunden abgedeckt und ihre Arme nach oben gehalten hätte, dann würde sie jetzt nicht mehr leben. Ihr Zustand war noch immer kritisch, sie hatte viel Blut verloren, aber man sprach mir Hoffnung zu. Man habe sie in ein künstliches Koma versetzt, damit ihr Körper genug Ruhe hatte, um zu heilen. Das war mir Sicherheit richtig und gut so, aber innerlich stellte ich mir die ganze Zeit vor, wie man ihren Geist stilllegen würde, damit auch er die Chance bekam wieder zu Kräften zu kommen. Mit Medikamenten, die sie ruhig stellen würden. Die ihr auch das letzte bisschen Leben nehmen würden. Nicht nur einmal dachte ich in dieser Nacht daran, in der ich einfach nur in einer Ecke ihres Zimmers auf einem Stuhl saß, ob ich richtig gehandelt hatte. Ob ich ihr nicht einfach diesen Sterbenswunsch hätte lassen sollen. Dann wäre das alles wenigstens vorbei, dieses Leben, das doch gar kein richtiges Leben mehr war. Dieser Schmerz, den sie momentan wieder tagtäglich spürte. Ich würde sie so gerne noch einmal glücklich sehen, aber wie sollte sie jetzt noch glücklich werden? Wie sollten wir das hier überstehen? Was würde jetzt passieren? Manchmal wurden meine Gedanken so laut und so drückend, dass ich meine Hände fest gegen meine Schläfen presste, den Oberkörper nach vorne sinken ließ und für einige Sekunden in dieser Position ausharrte. Als könnte ich dadurch meinen Kopf beruhigen, aber das blieb jedes Mal erfolglos, jedes Mal fand ich mich in der selben Fragenschleife wieder. Und dann kamen die Vorwürfe. Warum hatte ich ihr das angetan? Warum konnte ich mich nicht mit Nele zufrieden geben? Warum musste ich - so wie früher, aber doch anders - schon wieder an den Grenzen kratzen? Warum hatte Lahja das überhaupt getan? Warum hatte sie mich so überwältigt? Warum hatte sie ihre Fingernägel so in meine Haut gekrallt? Warum gab es sie überhaupt? Warum konnte sie nicht einfach aus meinem Leben verschwinden? Warum konnte ich die Zeit nicht zurückdrehen? Für mehrere Stunden aß und trank ich gar nichts, ich saß einfach nur dort und wartete. Ich wusste nicht einmal auf was. Von selber würde sie nicht erwachen und die Ärzte planten erst Nele in ein oder zwei Tagen aus dem künstlichen Koma zu holen. Abhängig davon, wie schnell ihre Verletzungen heilten. Ich wartete also eigentlich auf gar nichts, aber jedes Mal, wenn mich eine Pflegerin motivierte nach Hause zu gehen und ein wenig zu schlafen, konnte ich einfach nicht aufstehen. Ich konnte sie nicht hier alleine lassen. Das letzte Mal, als ich sie aus den Augen gelassen hatte, wäre sie beinah gestorben, das durfte nicht noch einmal passieren. An diesen Gedanken krallte ich mich regelrecht fest, bis am frühen Abend des folgenden Tages die Tür geöffnet wurde und Neles Eltern herein kam. Ihre Mutter und ihr Vater. Das Krankenhaus hatte sie auf mein Nachfragen hin kontaktiert, ich konnte mir also denken, dass sie kommen würden. Aber obwohl es mir auch nicht neu war, wie sehr sie mich an der Seite ihrer Tochter verabscheuten, hätte ich niemals mit den Konsequenzen für mich gerechnet. Zum ersten Mal seitdem ich den Raum betreten hatte, schaffte ich es ihn auch wieder zu verlassen und mit Neles Mutter vor die Tür zu gehen, während ihr Vater am Bett seiner Tochter blieb. Ohne es zu Beschönigen erzählte ich ihr alles, was ich wusste. Ich sprach mit ihr über Neles neuen Therapeuten, über ihre eigentlichen Fortschritte, dass sie einen guten Tag gehabt hatte und sogar allein vor der Tür war, um einzukaufen. Und dann erzählte ich ihr von der Dusche, ich erzählte ihr von meiner Untreue, von den Spuren auf meinem Rücken. Ich redete über Neles Weinen, dass sie mich nicht sehen und nicht mit mir reden wollte, darüber dass ich ihren Wunsch respektiert hatte und nach draußen gegangen war. Ich brach erst ab, als wir bei den Abschiedsbriefen angekommen waren, weil ich von dem Folgenden einerseits noch immer kein richtiges Bild vor Augen hatte und andererseits, weil ich das, was ich verschwommen in meinem Kopf sah, nicht in Worte fassen konnte. Mir war klar, dass Neles Eltern mich jetzt nur noch mehr verabscheuen würden, mir war die Mitschuld an diesem Unglück ja bewusst, aber ich rechnete nicht mit dem, was danach wirklich auf mich zukam. All die Vorwürfe ihrer Mutter, wie sie dort im Flur laut schrie, wie sie sogar weinte und ich einen kurzen Moment Angst davor hatte sie würde auf mich einschlagen, wie sie mir verbot ihre Tochter jemals wieder zu sehen. Ich wollte mich dagegen wehren, wollte etwas sagen, aber sie wiederholte es immer wieder: Nele und ich würden einander nicht noch einmal sehen, ich sollte aus ihrem Leben verschwinden und sie endlich in Ruhe lassen. Lauthals versuchte ich dagegen zu reden, aber genau das wurde mir dann zum Verhängnis. Als zwei Pfleger durch den Flur auf uns zu rannten, um die Auseinandersetzung zu schlichten, war ich es, der die ältere Frau vor mir laut anschrie. Und ich war es auch, der ihre Handgelenke fest umgriff, weil sie versucht hatte mir irgendwie wehzutun. Für die Pfleger war die Situation eindeutig: Ich sorgte für Problematik, ich gab Nele nicht die Ruhe, die sie brauchte, und ich sollte das Krankenhaus verlassen. Auf Anraten ihrer Mutter und unter Bestätigung der beiden Pfleger wurde mir tatsächlich ein Besuchsverbot erteilt, man ließ mich nicht einmal noch eine Minute in ihr Zimmer, um mich angemessen zu verabschieden, sondern setzte mich einfach vor die Tür. Und damit begann erst der wirklich schwierige Teil, denn innerhalb der letzten Stunden hatte ich mich wenigstens mit meinen eigenen Augen vergewissern können, dass Nele noch lebte. Das war jetzt nicht mehr möglich und weil so tief in mir die Angst davor saß, dass das allesnoch einmal passieren könnte, fand ich seitdem auch keine Ruhe mehr. Ich war ständig angespannt, stand ständig unter Strom, ich konnte nicht schlafen, nichts essen. Ich ging nicht zum Training mit meinen Kids, nicht zum Training mit Lahja, nicht zur Arbeit ins Jugendzentrum und auch nicht in die Universität. Eigentlich tat ich gar nichts. Den ganzen ersten Tag zurück in unserer Wohnung hatte ich gebraucht, um das Badezimmer sauber zu machen. Das blutrote Wasser stand noch immer in der Wanne, auf dem Boden verteilten sich dunkel- bis hellrötliche Flecken. Die beiden Handtücher lagen durchtränkt in einer Ecke, ebenso wie meine Kleidung, die ich anscheinend in besagter Nacht auf Anraten eines Notarztes noch gewechselt hatte. Es war wie ein erneuter Schock, als ich am Abend nach dem Suizidversuch das erste Mal wieder dort hinein ging, und weil ich dem nicht standhalten konnte, drehte ich mich auf der Schwelle sofort wieder um. Mehrmals übergab ich mich in die Küchenspüle und während ich am nächsten Tag das rote Blut von den Fliesen wischte, überrannte mich dieser Schmerz immer wieder so sehr, dass ich kraftlos auf den Boden sank und verzweifelt keuchte. Zwei weitere Tage zogen dahin, bis ich das erste Mal überhaupt wieder aus der Wohnung ging, mitten in der Nacht. Schon wieder konnte ich nicht einschlafen, mein Körper schmerzte und ich musste irgendetwas tun, um meinen Kopf auszuschalten, also rannte ich einfach los. Ich rannte so lange durch die Nacht, bis meine Beine vor Erschöpfung nachgaben, bis ich mich nur noch in der Nähe des Strandes auf den Boden setzen konnte, meine zitternden Gliedmaßen von mir gestreckt, und die körperliche Erschöpfung auf mich einwirken ließ. Und darin fand ich dann auch die Hilfe, die ich brauchte. Die Hilfe, die schon immer für mich da gewesen war. Sport und vor allem das Boxen waren für mich ein Ausgleich für all den Stress und all die Komplikationen, die das Leben mir bescherte, und auch diesmal nutzte ich es, um überhaupt eine Perspektive für mich zu sehen. Eigentlich kämpfte ich im Moment nicht oft. Alle zwei oder drei Monate ließ ich mich auf einen der Bareknuckle Fights ein, einfach um die Spannung in meinem Körper zu lösen und das zu tun, was ich tun musste, aber in meinem jetzigen Leben war das immer mit viel Aufwand verbunden. Ich konnte nicht mit schweren Wunden oder dunklen Flecken in meinem Gesicht bei der Arbeit mit den Jugendlichen erscheinen, also brauchte ich mindestens 3 bis 4 Tage Urlaub danach, bis sich die übrig gebliebenen Schatten mit ein wenig Make-Up abdecken ließen. Mein Körper tat nach einem Kampf auch so weh, dass ich mich oft zwei Tage kaum bewegen und demnach auch keine Veranstaltungen oder Vorlesungen in meiner Universität besuchen konnte. Früher hatte ich mich alle paar Tage teilweise bis zur völligen Besinnungslosigkeit mit anderen jungen Männern geschlagen, aber das war jetzt nicht mehr möglich. Deshalb reizte ich es so lange aus, wie ich konnte. Bis die Anspannung in mir zu groß wurde und ich merkte, dass ich das Ventil meines Kessels öffnen musste, bevor es in naher Zukunft explodierte. Für mich war das ein logischer Algorithmus. Jetzt allerdings- jetzt brauchte ich das, obwohl mein letzter Kampf erst einen Monat zurück lag. Dringend. Und obwohl es mir eigentlich so wichtig war einen klaren Kopf zu behalten, damit ich bei vollem Bewusstsein war und bis ans Äußerste meiner Kräfte gehen konnte, musste ich auch dahingehend meine strikten Vorsätze brechen. Ich stand geistig völlig neben mir, ich war nicht bei der Sache, nicht konzentriert, nicht einmal richtig im Training. Ich war unaufmerksam und unruhig, aber die Schmerzen, die mir das noch bescheren sollte, nahm ich in Kauf. Ich wollte sie sogar. Es war als könnte ich körperlich endlich das spüren, was ich mir innerlich schon die ganze Zeit vorwarf. Wie eine gerechte Strafe. Und während ich am Anfang des Kampfes noch versucht hatte selber auszuteilen, fühlte sich das Einstecken irgendwann so befreiend an, dass ich einfach nachgab. Ich lieferte mich selber diesen starken Fausthieben aus, begrüßte jeden zerreißenden Schmerz mit offenen Armen und ließ einen anderen, unbekannten Mann auf mich einprügeln, bis ich dort in diesem versifften Keller auf den Boden sank, unfähig mich zu bewegen. Am nächsten Tag war mein ganzes Gesicht aufgequollen, ein Auge dunkel lila unterlaufen, die Lippe aufgeplatzt. Meine Nase war angeknackst, jede Berührung schmerzte, ein oder zwei Rippen vermutlich auch gebrochen. Prellungen am ganzen Körper. Ich war unfähig mich zu bewegen, lag nur apathisch auf dem Sofa im Wohnzimmer und wartete darauf, dass eine erneute Welle des Schmerzes mich völlig einnahm. RE: ZAC # NELE - Lahja Emilia O'Neill - 24.08.2015 18:38 Es war schön und beängstigend zugleich, von Noah diese neue Welt und dieses neue Umfeld von sich gezeigt zu bekommen. Allem voran, weil Lahja sich fragte – ob sie da hinein passte. Ob sie dann noch zu Noah passte, wenn er sich hier so Wohl fühlte und merken würde, seine Freundin würde da nicht rein gehören. Nicht so wie er. Natürlich waren die Gedanken schön, die er mit ihr teilte und auch sie war mit Sicherheit der letzte Freund von Regeln. Egal ob die Gesellschaft sie aufstellte oder sonst wer. Trotzdem war es Fremd für sie. Das einzige, was in ihr Beruhigung schaffte war, dass er sich auch nicht Sicher sein konnte, ob das alles so Funktionieren würde und das es nicht nur sie war, für die das Neu war und die noch nicht Wusste, ob das klappen konnte. Für die beiden als Menschen. Zu beginn tat sie sich etwas schwer, mit den Menschen warm zu werden, er kannte das aber sie ließen es gar nicht anders zu und so ließ sie sich auch mitziehen. Das war das erste Mal, das sie so zwischen den Menschen saß, die neben ihr Offensichtlich Drogen konsumierten und sie belegte Noah mit einem Dankbaren Blick, als er verzichtete – auch wenn sie wusste, wie gerne er kiffte. Es war ein wenig Erleichternd davon Abstand zu nehmen und mit ihm den Kuchen zu kreieren, mit allerlei Süßem, was ihnen in die Hände viel aber noch schöner war, die Zeit mit ihm. Dieses beisammen sein ohne dabei verkrampft zu sein. Sie rieb ihm das Mehl an die Nase. Sie küsste ein Zuckerherz von seiner Lippe, was sie in irgendeiner Schublade gefunden hatten und sie stritten sich spielerisch vor dem Ofen, wer hinein sehen durfte oder naschen, ob der Kuchen schon durch war. Das war endlich so.... normal. Auch einfach mal als der Chaos-Zwerg an seiner Schulter zu lehnen, während sie den Mitbewohnern dabei zuschauten, wie diese immer breiter wurden und wie Lahja vorsichtig und ungesehen seinen Rücken unter dem Shirt streichelte. Das hier, das hatte sie bitter Nötig in ihrem Leben und sie war froh, dass es nicht vorbei war. Genau deswegen himmelte sie ihn wirklich an, als er für sie diese Lieder sang und verlor sich ganz in seiner Stimme – zu Erst bekam sie gar nicht mit, wie seine Hände von seinem Instrument auf sie übergingen. Wie gerne sie mehr von diesen sanften Berührungen gehabt hätte aber irgendwann holte sie die Realität ein und als er ihren Oberschenkel berührte, zuckte sie zusammen. Zac´s starke Hände hatten definitiv das hinterlassen, was sie auch haben wollte nur hinderte es sie nun auch daran, die sanften Gesten von Noah zuzulassen. Die ihr genau so fehlten und die ihr genauso viel gaben – eben ganz anders. Lahja wusste aber, er würde das nicht wollen, mit seinen Berührungen in ihr Schmerzen auszulösen, weder von sich aus noch wegen des harten Umgangs mit ihr von einem anderen Mann. Sie kuschelte sich dennoch an ihn, als er ihr signalisierte, es gäbe heute kein weiteres Annähern der beiden und sie schlief genauso Glücklich ein. Schloss die Arme von ihm eng um ihren Bauch, nachdem sie seine Hände geküsst hatte. Sie reizte das bis zum Abend aus, bis sie über Nacht wieder heim fahren musste, wegen des Jobs. Der Abschied blieb scher, wie immer aber die beiden hielten sich damit Aufrecht, sie würden sich in zwei Wochen Wiedersehen. Wie vorher. Nichts änderte sich durch ihren Fehltritt daran. Daheim holte sie dann das Leben wieder ein, was sie Chaotisch hier zurück gelassen hatte. Spürte von Kilian, wie uncool er es gefunden hatte, dass sie sich so zu Noah verabschiedet hatte. Wahrscheinlich einfach nur weil es Noah war. Trotzdem ließ sie sich nicht Provozieren, nicht auf der Wolke sieben, auf der sie sich zur Zeit befand. Aus dem Grund hetzte sie auch Zac nicht wegen dem Training, bei dem sie schon zwei Mal aufgetaucht war, ohne, dass er Anwesend war. Vielleicht brauchte er Zeit. Vielleicht ging es Nele schlecht. Aber als er dann auch auf der Arbeit ausblieb – die beiden hatten ja keine Schichten zusammen aber das sprach sich ja herum, machte sie sich Sorgen. Um sich ganz Sicher zu sein, wartete sie bei seiner Jugendtruppe, die auch ohne ihren Trainer vor einer verschlossenen Halle ausharren mussten. Merkwürdig. Lahja wusste nicht, ob es ein Fehler war oder nicht, weil er doch eigentlich mit seiner Freundin zusammen lebte aber sie dachte sich eine simple Ausrede aus, wenn nicht Zac sondern Nele die Tür öffnete – warum auch immer und machte sich dann auf den Weg zu ihm. Auch sie hatte immerhin ein Recht auf Antworten, wenn schon nicht, was mit ihm los war, dann zumindest, was das nun zwischen den beiden war... er hatte sie einfach im Ungewissen stehen lassen. Das machte man nicht. Es dauerte eine Weile, bis jemand dem Schellen an der Tür folge leistete aber mit Absicht war sie penetrant geblieben. Wenn es Nele war, die nun öffnete, wüsste sie woran es lag und sie würde sich eben als Studienkollegin von Zac ausgeben. Sie erreichte die Etage, an der sie schon einmal gewesen war, wartete dann aber doch Unsicher vor der Tür. War das richtig und fair, was sie hier machte oder nahm sie sich damit zu viel heraus? RE: ZAC # NELE - Zac William Coles - 24.08.2015 21:46 Eigentlich wollte ich die Tür gar nicht öffnen, als sich ein lautes Schellen durch meine ganze Wohnung zog. Ich wollte niemanden sehen, mit niemandem reden, ich wollte nicht einmal von diesem Sofa aufstehen und mich erneut viel zu starken Schmerzen aussetzen. Drei Mal ignorierte ich die Klingel, presste meine Augenlider aufeinander und versuchte mich davor zu verstecken, dass da draußen noch etwas Anderes existierte. Erst beim vierten Mal gab ich nach, erhob mich keuchend, mit vor Schmerz verzogenem Gesicht und lief vom Wohnzimmer in den Flur, um dort auf den Knopf zu drücken, der die Tür unten öffnen würde. Möglicherweise war es nur der Postbote, vielleicht wollte nur jemand den Müll aus dem Keller holen. Oder es war Neles Mutter. Oder ein Freund von mir, der sich Sorgen machte, weil ich mein Handy jetzt schon seit mehreren Tagen nicht einmal eingeschaltet hatte. Eigentlich könnte ich auch genauso gut tot sein. Dieser völlig zusammenhanglose Gedanke traf mich dann aber wieder so hart, dass ich meine Stirn gegen die Wand lehnte, die Kiefer fest aufeinander gedrückt und meine Hände zu Fäusten geballt, bis ich die Wut in mir beruhigen konnte. Bis ich wieder einigermaßen klar denken konnte. Und bis das verschwommene Bild von einer blassen Nele in dem rötlich verfärbten Wasser aus meinem Kopf verschwunden war. Erst dann ging ich langsam auf die Tür zu, drückte die Klinke herunter - eigentlich nur, um mich zu vergewissern, dass tatsächlich niemand davor stand, sondern es nur der Postbote gewesen sein musste - aber zuckte stattdessen einmal erschrocken zusammen, weil ich direkt Lahja in die Augen blickte. Es war nicht so als hätte ich sie vergessen oder mich nicht an das Training mit meinen Jugendlichen erinnert, es war nur alles so- sinnlos. Ich sah keine Motivation darin morgens aufzustehen und meinem üblichen Tagesablauf nachzugehen. Nicht einmal darin meine eigentlichen Termine abzusagen. Im Moment war jeder scheiß Tag nur eine Last, die mich fast auf den Boden drückte, und ich brauchte momentan keine Verpflichtungen. Ich wollte sie nicht einmal. Was machte das für einen Sinn? Deswegen und weil Lahja unweigerlich eine Mitschuld an allem trug, das in den letzten Tagen in meinem Leben geschehen war, sah ich ihr hart in die Augen, ignorierte ihren geschockten Ausdruck über meinen völlig malträtierten Anblick. "Was willst du hier?", presste ich zwischen den Lippen hervor, aber weil ich es nicht aushielt mich noch länger auf den Beinen zu halten, wandte ich ihr meinen Rücken zu und humpelte langsam durch den Flur in die Küche, meine Hand stützend gegen meine eigenen Rippen gedrückt. Die Tür ließ ich dabei einfach offen stehen, wusste aber nicht einmal weshalb. Vielleicht hatte Lahja es verdient, dass sie ebenfalls erfuhr, wofür wir beide verantwortlich waren. Ganz egal was es war, ohne mich noch einmal umzudrehen nahm ich mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und ließ mich damit auf einem Stuhl vor dem Küchentisch nieder. Lahja würde mir schon folgen. Oder nicht. Aber was machte es auch für einen Unterschied? RE: ZAC # NELE - Lahja Emilia O'Neill - 24.08.2015 23:44 Als sich dann endlich was im inneren der Wohnung bewegte, als ihr dann endlich von Zac die Tür geöffnet wurde – wünschte sie sich schon fast, sich nur mit einer Ausrede an Nele rechtfertigen zu müssen. Denn das, was sich ihr für ein Anblick bot, dass erschreckte sie zutiefst. Sie wusste, dass auch er sich an den Kämpfen beteiligte – immer mal wieder aber doch nicht während seine Pflichten so präsent waren. Doch nicht einfach so ins blaue hinein. Meistens bereitete man sich auf so was doch vor? Auch wenn Lahja selber noch keine Ahnung von diesen Kämpfen hatte, sie hatte immer Aufmerksam gelauscht, wenn er davon ein bisschen was zu ihr hatte durchdringen lassen. Was, zum Teufel, war denn hier passiert? Er war nicht der Mensch, den man sich Aussuchte, um ihn auf der Straße einfach so zu Überfallen und eigentlich, er wüsste sich zu Wehren. Eine Sinnlose Schlägerei, das wäre auch nichts, auf das er sich einlassen würde. Ihr wurde ganz komisch, weil sie doch nicht ahnen konnte, während ihr Gespräch mit Noah doch eher ein gutes Ende gefunden hatte, hatte er die Hölle auf Erden durchgemacht. Auch wie er mit ihr Redete, so hart und mit... Vorwürfen? Mit Hass? Hörte sie da richtig? Lahja war Verunsichert, sollte sie sich dem jetzt Stellen, was auch immer auf sie zukam oder? Aber wie sie ihn dann durch den Flur wanken sah, wie er die Tür offen ließ – scheiße, sie hatte ihm ja nicht einfach aus Spaß gesagt, dass sie ihn mochte. Also schloss sie die Tür hinter sich und nicht vor ihrer Nase, doch statt ihm schnell zu Folgen, sah sie immer wieder um die Ecke in die Räume, die aber alle leer schienen. Von dem Suizidversuch seiner Freundin waren keine Spuren mehr zu sehen. Aber auch von ihr nicht. Hatte das was mit dem verschwinden von ihr zu tun? Sie konnte sich nicht Erinnern, dass sie erneut verreisen wollte und eigentlich, so sagte er immer, war sie in ihren depressiven Phasen doch immer hier? War das zwischen den beiden aus? Aber warum benahm er sich so? Mit einem Unguten Gefühl betrat sie die Küche, sie konnte es nicht verhindern, immer wieder blieben die Blicke an seinen furchtbaren Blessuren hängen. „ Ich... ich hab mir Sorgen gemacht. Die Leute... auf der Arbeit haben Geredet. Deine Gruppe hat auf dich gewartete und... ich auch. Beim Training. Ich wollte nach dir sehen, ob alles... alles in Ordnung ist.“ klärte sie ihn Unsicher und Überfordert auf, warum sie hier war und beantwortete damit seine Frage. „ Was... was ist mit dir passiert? Du siehst... schlimm aus.“ für Lahja waren solche Momente immer schwer, wie hart das wirklich noch werden würde, davon hatte sie nicht mal die leiseste Ahnung. Das sie es mit ihrer Frage nur schlimmer machte, konnte sie genauso wenig Ahnen. „ Wo... wo ist deine Freundin? Wo ist Nele?“ bevor sie Platz nahm, schaute sie Misstrauisch. Das alles auf seinem Körper war nicht frisch, nicht von eben erst aber trotzdem, man musste doch etwas tun. „ Kann... ich dir irgendwie Helfen?“ Das Zac genau den Schmerz gerade brauchte, wusste Lahja nicht. RE: ZAC # NELE - Zac William Coles - 25.08.2015 11:32 Regungslos saß ich einfach dort am Tisch, eine Hand gegen meine Rippen gepresst und den Oberkörper so weit nach vorne gelehnt, dass ich mich mit dem anderen Arm auf der Holzplatte abstützen konnte. Ich bewegte mich nicht, sah Lahja nicht einmal an und versuchte sogar die Ohren davor zu versperren, dass man im Jugendzentrum über mich redete und dass die Jungs, die eigentlich auf mich zählten, vor verschlossenen Türen stehen mussten. Noch mehr Vorwürfe, wollte Lahja das? War sie deswegen hier? Mein Kopf schmerzte und für einen kurzen Moment bereute ich es, dass ich ihr die Tür nicht einfach vor der Nase wieder zugeschlagen hatte, denn eigentlich ging es sie doch auch gar nichts an. Eigentlich sollte sie gar nicht hier sein, in den vier Wänden, in denen ich zusammen mit Nele wohnte. Ich wollte mit ihr auch nicht über den Kampf gestern reden oder darüber, dass ich mich so unvorbereitet und leichtsinnig darauf eingelassen hatte, das alles hier war ein verdammter Fehler, aber gerade, als ich eigentlich schon kurz davor war wieder aufzustehen, mich im Schlafzimmer zu verkriechen und zu hoffen, dass mein Besuch einfach von selber wieder gehen würde, nahm sie den Namen in den Mund, den ich gerade in ihrer Stimme niemals hören wollte. Sie fragte nach Nele, fast schon besorgt - oder das bildete ich mir nur ein -, aber damit trat sie etwas in mir los. Unter Schmerzen richtete ich meinen Oberkörper so weit auf, bis mein Rücken gegen die Stuhllehne stieß, fixierte Lahjas Augen direkt mit meinem Blick und konnte nicht verhindern, dass ich einmal kalt über diese absurde Frage auflachen musste. "Du willst wissen, was passiert ist-", wiederholte ich, vollkommen ton- und emotionslos, mit einem schweren Nicken. "Und wo meine Freundin ist willst du auch wissen. Okay. Wenn du dafür hier bist- warum erzähl ich es dir dann nicht einfach?" Wenn man irgendetwas aus meiner Stimme heraushören konnte, dann ausschließlich Ablehnung. "Ich bin nach Hause gegangen, nach unserem Training. Ich war duschen, Nele war wach. Sie ist ins Badezimmer gekommen und sie hat deine- Spuren gesehen. Deine Fingernägel. Auf meinem Rücken. Sie ist- regelrecht zusammen gebrochen und hat mich gebeten zu gehen. Also hab ich das gemacht." Ich erzählte abgehakt, so als hätte ich das selber völlig gefühlskalt erlebt, obwohl das komplette Gegenteil der Fall war. "Ich bin mir nicht ganz sicher, wie lange ich weg war, aber ich wollte Nele die Chance geben sich zu beruhigen. Dass wir in Ruhe darüber reden können. Aber- sie wollte nicht reden. Stattdessen hat sie sich in die Badewanne gelegt- und sich die Pulsadern aufgeschnitten. Wenn ich- ein oder zwei Minuten später gekommen wäre, dann würde sie jetzt nicht mehr leben. Also- Danke, aber ich glaube du hast genug geholfen." Gerade der letzte Satz kam so hasserfüllt zwischen meinen Lippen hervor, dass ich mich selber dem Blick von Lahja entziehen musste. Erneut keuchte ich vor Schmerzen leise auf, als ich von meinem Stuhl aufstand, aber auch jetzt war das ein befreiender Schmerz. Das alles noch einmal so in Worte zu fassen- das versetzte mich wieder ein paar Tage zurück, in eben diesen Moment, den ich noch immer nur verschwommen vor meinen Augen sah. Mein Herz raste, meine Muskeln waren angespannt und so gerne hätte ich diese innere Wut aus mir heraus gelassen, aber die körperlichen Einschränkungen durch den gestrigen Kampf verhinderten selbst das. Ich hatte nicht einmal die Kraft wütend zu sein. Stattdessen fühlte ich mich gerade tatsächlich gefangen in meinem eigenen Körper, konnte wohlmöglich zum ersten Mal nachvollziehen, was diese Krankheit in Nele auslöste, aber gerade, als ich mich völlig verzweifelt aus der Enge dieses Raumes befreien wollte, hielt ich inne. Langsam drehte ich mich wieder in Lahjas Richtung, ließ die Hand von meinen Rippen sinken und starrte mit festem Blick zu ihr hinab. "Wenn du mir helfen willst- dann schlag mich. Ich werde mich nicht wehren, ich werde dir nichts tun, ich will einfach nur- schlag mich. Bitte." RE: ZAC # NELE - Lahja Emilia O'Neill - 25.08.2015 20:34 Lahja konnte mit der Ablehnung in seiner Stimme natürlich nichts Anfangen. Sie wusste nicht, warum er so mit ihr Redete, weil sie doch keinen blassen Schimmer hatte, was sich in dieser Wohnung zugetragen hatte. Erst nach und nach, je mehr Brocken ihr Zac zuwarf, desto mehr begann sie zu Verstehen. Sie hatte Noah das gebeichtet mit dem Seitensprung aber bei Zac war das nicht so einfach, seine Freundin war Krank. Trotzdem konnte sie doch nicht von dem Ende ausgehen und so war sie zuerst noch im Glauben, die beiden hätten sich einfach getrennt und deswegen ging es ihm so. Immerhin waren sie zehn lange Jahre zusammen gewesen. Egal wie schlecht es ihm in der Beziehung gegangen war, er würde darum Trauern und ihr war auch klar, sie war Schuld in seinen Augen. Lahja konnte sicher auch ziemlich gut Verstehen, wie er so Distanziert und Kalt darüber Reden konnte, sie tat das nicht anders – wenn sie etwas sehr Mitnahm und auch sie war die Art Mensch, die einen Sündenbock brauchte, wenn sie an so einem Punkt ihres Lebens stünde. Das alles hätte sie Verstanden, auch den Kampf und das er sich Abschottete. Wie oft hatte sie das getan und erst jetzt viel abermals auf, wie Ähnlich die beiden wirklich waren. Doch das war noch nicht alles. Was da noch kommen sollte, das verschlug auch ihr die Sprache und ließ sie nur erschüttert und geschockt in sein Gesicht sehen. Sie hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, hier, in dieser Wohnung und wenn er so sprach, war ihr klar, er hatte sie gefunden. Er hatte das gesehen, was sie sich angetan hatte – wegen... ihr? Gab auch er gerade ihr eine Teilschuld daran? Lahja war damit Überfordert, so gerne sie klarer und gesammelter wäre und bessere Worte gefunden hätte, da war sie wie ihr Vater „ Scheiße...“ stieß sie nur aus. „... das... das wollte... doch keiner.“ Dieser hasserfüllte Blick, die Bilder die sie sich dazu in ihrem Kopf machte, die Gedanken – sie hätte diesmal aus einem ganz anderen Grund fast jemanden auf dem Gewissen. Hilflos war das richtige Wort, genau so kam sie sich vor und sie wusste weder Worte, die es Besser machen könnten für Zac noch die in Beruhigten oder Aufheiterten. Eigentlich wäre sie gerade gerne selber geflohen, hätte sich um sich gekümmert – um es sich selber einfacher zu machen, ihm gesagt, er hatte sie doch alleine gelassen und er hätte Wissen müssen, wie es um Nele stand, es war immerhin seine kranke Freundin gewesen. Aber das machte man nicht. Davor hatte sie zu viel Respekt, dafür hatte sie zu viel dazu gelernt in den letzten Monaten und ja, dafür hatte sie Zac auch zu gerne und zu viel Hilfe von ihm in Anspruch genommen. Jetzt wollte sie ihm Helfen, auch wenn sie viel schneller dazu kommen sollte, als ihr lieb war und ganz anders, als ihr der Sinn gerade war. Im Inbegriff den Raum zu verlassen, sah er zu ihr herunter und wollte... noch mehr Schläge? Absurd, dass sie auch das Verstand aber das war doch nicht die Lösung. Sie sah gerade zum ersten Mal reflektiert, wie Hilflos sich die Menschen fühlen müssten, die sie in solchen Ausnahme Situationen händeln mussten. „ Nein Zac, das ist doch kein... Ausweg und keine Lösung.“ Sie erhob sich vom Stuhl, um ihm danach die Flucht nicht zu ermöglichen, mogelte sie sich an ihm vorbei zu der offenen Küchentür. „ Nein. Ich sage dir, wie ich dir Helfe... ganz gleich, was du jetzt sagst. Im Jugendzentrum melde ich dich krank, gib mir den Schlüssel... für die Trainingshalle. Zwar kann ich kein Krafttraining mit den Jungs machen, die nehmen mich nicht ernst aber ich kann Ausdauertraining nach deinen Wünschen organisieren. Gib mir die Nummer von... einem deiner Mitstudenten, ich sammle das, was du verpasst und brauchst. Du hast nur die Wahl, was der deinen Dozenten sagen soll, was mit dir los ist.“ Weil sie keine Ahnung hatte, denn mit dem Suizid von Nele hatte weder er noch sie das Recht hausieren zu gehen. „ Dann... kümmere ich mich jetzt und hier um deine Verletzungen, schaue, was noch zu Retten ist. Du kannst dich kaum halten, du könntest mir nicht mal was tun, selbst, wenn du wolltest.“ Sie kannte sich so gar nicht und Lahja hatte das Gefühl über sich hinaus zu wachsen, ob ihr Gegenüber das ganz anders sah oder nicht, war ihr sogar egal. „ Wenn du... mit mir Reden willst, wie es deiner Freundin geht. Was dir im Kopf herumgeistert. Wie du das alles... durchleben und miterleben musstest. Wie es für dich weiter gehen soll. Wenn du mir verraten willst, wo sie ist und wie das zwischen euch weiter geht. Ich bin da. Ich höre dir zu. Als eine Freundin. Musst du aber auch nicht.“ Es war enorm wichtig ihn Wissen zu lassen, es passierte nichts aus Eigeninitiative „ Und... mir tut das unglaublich und aufrichtig Leid. Du weißt doch, ich wollte nicht, das... das es so weit kommt und das... das das passiert?“ Nur diese Schuldgefühle, die auch er ihr gab, die nagten an Lahja und trotzdem. Nele war doch Krank und niemand konnte... in ihren Kopf sehen? Wirklich verarbeitet hatte Lahja das noch nicht, vielleicht Fokussierte sie sich deswegen auch so darauf, nun das ins Lot zu bringen, was sie mächtig war, zu Überblicken und wo sie Handeln konnte. RE: ZAC # NELE - Zac William Coles - 25.08.2015 21:31 Ich war tatsächlich und ganz offensichtlich völlig überfordert mit der Reaktion, die Lahja mir entgegen brachte. Nicht damit, dass sie mich so geschockt anstarrte, dass sie stotterte und nicht fassen konnte, was seit unserem letzten Training alles passiert war; damit hatte ich gerechnet. Aber alles, was danach kam. Wie sie nur ein paar Sekunden später aufstand, sich mir ganz bewusst in den Weg stellte und dann mit einer eigentlich völlig unpassenden Stärke und Verantwortung all das in meinem Leben für mich übernehmen wollte, wozu ich momentan nicht fähig war. Wie sie mir nicht half, indem sie meinem Wunsch nachgab und erneut auf mich einschlug, weil der körperliche Schmerz den viel anstrengenderen Schmerz in meinem Herzen zum Schweigen bringen konnte. Sondern indem sie genau die Dinge tat, die eigentlich richtig waren. Für einen Moment starrte ich sie einfach nur an, wütend und verzweifelt zugleich. Ich war so kurz davor sie einfach zu provozieren, die Wut aus ihr heraus zu kitzeln - weil ich wusste, wie es bei ihr funktionierte - und von ihr zu verlangen, dass sie mir wehtat. Egal wie. Aber ich machte es nicht. Unter anderem deshalb, weil einfach alles so verdammt mühsam war. Weil ich nach den letzten Tagen nicht einmal mehr die Kraft dazu hatte mit Lahja zu diskutieren. Weil ich es vielleicht auch gar nicht wollte. Weil es- so befreiend war ausnahmsweise die Verantwortung mal abgeben zu können. "Der Schlüssel liegt auf der Kommode", gab ich resignierend nach, nachdem wir einander für ein paar Sekunden regungslos in die Augen gestarrt hatten, aber ich diese indirekte Auseinandersetzung letztendlich verlor, weil ich mich selber dafür zu schwach fühlte. Stattdessen schlug ich jetzt den Blick nieder, ließ auch meine Schultern wieder etwas sinken und drückte meine Hand erneut gegen die Rippen, um dadurch irgendwie den Schmerz ein wenig einzudämmen. "Du kannst die Ausdauer mit den Jugendlichen trainieren, indem du mit ihnen joggen gehst. Zwei Blöcke entfernt ist ein Sportplatz, den kannst du nutzen, ich schreib dir morgen ein paar Dinge auf, die du ihnen zur Abwechslung anbieten kannst. Sprint oder sowas. Du kannst sie auch zu einem Fußballspiel motivieren, das trainiert auch die Ausdauer. Die Nummer eines Freundes geb ich dir gleich, sag ihm ich hätte bei einem Kampf ziemlich was einstecken müssen, er weiß davon und er weiß dann auch, wie er mich bei den Dozenten entschuldigen soll. Um die Verletzungen musst du dich nicht kümmern -" Wenigstens dabei ließ ich keine Widerrede zu, was ich Lahja auch mit einem kurzen, harten Blick verdeutlichte. Ich hatte meine geschwollene Haut heute schon mehrmals gekühlt und hielt mich daran mich nicht unnötig zu bewegen, damit mein Körper von selber heilen konnte. Das musste ich auch tun, wenn ich so schnell wie möglich wieder zu Kräften kommen wollte. Bis hierhin war es noch vergleichsweise einfach gewesen all ihre Fragen und Aufforderungen zu beantworten, erst jetzt wurde es schwer und meine erste Reaktion war auch diesmal, dass ich Lahja fest in die Augen sah. Bis ich einfach nicht mehr konnte. Diese drängende Unruhe nahm mich wieder völlig ein, wenn ich nur daran dachte, was sie von mir hören wollte. Wie es Nele ging. Wie es mir ging. Was jetzt mit uns beiden geschah. Scheiße, ich wollte mich damit nicht auseinander setzen. Weil ich es nicht aushielt mich so schwach und verletzt zu fühlen. Ich wollte so gern davor fliehen, aber ich war so unglaublich kraftlos, dass mich das alles völlig übermannte. Ich versuchte noch mich irgendwie zu beruhigen, indem ich zum Fenster lief, dann wieder zurück, aber als ich den Weg noch einmal gehen wollte, gaben meine Beine nach. Mein Körper war einfach so ausgelaugt, dass ich mich umständlich und vor Schmerzen noch einmal aufstöhnend auf den Boden sinken ließ, meinen Rücken gegen die Küchenschränke drückte, die Beine ein wenig anwinkelte und meine Hand noch fester gegen die Rippen presste. Diesmal so doll ich konnte, bis der körperliche Schmerz mich von dem ablenkte, was in mir vor sich ging. "Ich weiß, dass du nicht wolltest, dass das passiert", gab ich auch diesmal nach, während ich zeitgleich meinen Kopf nach hinten sinken ließ, bis auch er das Holz der Küchenschränke traf. "Ich hätte es besser wissen müssen, Lahja. Ich hätte ihr das nicht antun dürfen. Sie hat doch sonst niemanden und jetzt- das. Was soll ich denn machen? Wie soll ich das denn jemals wieder in Ordnung bringen?" Von der vorherigen Wut war nichts mehr übrig, da war nur noch Verzweiflung in meiner Stimme, während ich immer wieder den Kopf von einer Seite zur anderen wandte. RE: ZAC # NELE - Lahja Emilia O'Neill - 25.08.2015 21:56 Unter anderen Umständen und mit anderen Bedingungen hätte man darüber Schmunzeln können, wie Lahja zu ihrer eigenen Überraschung feststellte – es hatte Funktioniert! Wie sie ihn ein wenig Misstrauisch ansah, als er nachgab und ihr sagte, was sie für ihn tun könnte. Nach der Verwunderung kam dann das gute Gefühl darüber. Wenigstens einen Schritt weiter, wenigstens etwas erreicht und als er noch versuchte, sie mit dem finsteren Blick zu verjagen um dann doch zum Fenster zu gehen, war sie schon nicht mehr ganz Anwesend – solange er nicht Redete, versuchte sie sich alles ganz genau Einzuprägen, was er ihr Aufgetragen hatte. Gegen seine Verletzungen würde sie also nichts tun, nicht um die, die so deutlich Sichtbar waren, dass es ihr noch immer einen Schauer über den Rücken jagte. Sie regte sich erst wieder, als er dann auf dem Boden zusammensank und das war nur der Anfang, wie er in sich selber brach, sah man erst danach. Sah man an seinen Gesichtszügen, an seiner Haltung und man hörte es allem voran auch an seiner Stimmlage. Mit wenigen Schritten war die Küche durchquert, sie würde ihn nicht an einen anderen, bequemeren Ort lotsen um zuzulassen, dass er sich wieder einigelte oder es sich anders Überlegte. Erst kniete sie sich vor ihn hin, ohne ihn zu Berühren „ Du... du wolltest auch nicht, dass das passiert Zac. Am allerwenigsten du. Verstanden? Vergiss doch gerade jetzt nicht, was du auch schon alles für sie getan hast. Das macht das jetzt nicht besser und das lässt sich nicht gegeneinander aufwiegen aber du weißt eigentlich ganz genau, wie sehr du ihr die letzten Jahre beiseite gestanden hast und versucht hast, alles zu Regeln, zu ihrem besten und du dir dabei ganz egal warst. Es macht es nicht weniger Traurig, Schmerzhaft und Schwer aber... du solltest dich nicht so schlecht machen. Das bist du nicht. Wenn sie nicht Krank wäre, dann wüsste sie das und dann wäre das alles auch ganz anders ausgegangen.“ Sie wurde die Angst zwar nicht los, etwas zu sagen, was ihn Wütend machen würde auf sie oder was ihn nur schlimmer Traf aber was sollte oder konnte sie sonst tun, als das sagen, was in ihrem Kopf vorging? Lahja hatte das nicht Studiert und eigentlich war sie eine Null in Emotionen und sich in jemand anderen hineinversetzen. Eigentlich war sie sich Sicher, noch einen Fehler zu machen. Wenigstens eins hielt sie ein, sie fasste ihn nicht an, denn das hatte... doch schon genug kaputt gemacht. „ Du kannst das nicht wieder in Ordnung bringen, dass müssen die Leute machen, die wirklich eine Ahnung davon haben. Die dafür da sind, die das Beherrschen, die aber auch eine emotionale Distanz haben. Die Mittel und Wege haben, auf sie aufzupassen jetzt und ihr Medikamente geben werden, Anreize, eine Therapie, die bei anderen schon geholfen hat. Zac, wie lange wolltest du so weiter Leben? Auch ohne... was jetzt alles passiert ist? Hat Nele denn nicht auch verdient, trotz ihrer Krankheit, jemanden bei sich zu haben, der Ehrlich ist? Sie ist gerade nicht alleine und wer weiß, vielleicht Hilft ihr das so sehr, dass sie auch danach nicht mehr alleine sein muss. Du kannst... nicht mehr bei ihr sein, das alles Übernehmen – das ist hart für dich aber vielleicht macht sie das jetzt... danach... Stärker?“ Sie wusste ja nicht mal, ob sie damit Ansatzweise richtig lag oder richtig liegen konnte. Aber eins wusste sie „ Du warst auch einfach Überfordert und du konntest nicht ahnen, dass sie den Wunsch, sich das Leben zu nehmen wirklich Umsetzen wird – sie hat doch öfter davon Geredet. Tu dir das nicht an, Kilian wäre daran auch fast... Zugrunde gegangen. Zac sie ist Krank und wenn sie das ehrlich wollte, hätte sie einen Weg gefunden, auch wenn du nicht gegangen wärst.“ Ohja, sie wusste, wie hartnäckig der Sterbenswunsch sein konnte. |