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RE: STRAßENSTRICH - Chris John Millington - 25.11.2015 12:15

Ich hatte keine Ahnung wie lange es her war, dass ich das letzte Mal so von jemandem umarmt wurde wie jetzt von meiner Tochter. Völlig ohne sexuelle Spannung, da war nur dieser sanfte - vertraute - Druck eines anderen Körpers und eine sofortige intensive Zuneigung, welche allein über diese unschuldige Berührung übertragen wurde. Im ersten Moment überforderte mich die unbekannte, fremde Wärme in meiner Brust, sodass ich nur steif dort stand und Apple bloß gewähren ließ, aber irgendetwas war dort in mir, das mich dazu motivierte ebenfalls meine Arme um ihren Körper zu schließen. Und in dem Moment, in dem ich das tat, wurde ich von dieser Liebe so überwältigt, dass ich meine Hände immer fester gegen ihre Haut drückte. Dieses Mädchen war tatsächlich meine Tochter, meine Familie, und damit alles für mich. "Du wusstest- bis vor drei Jahren nicht, wer deine wirklichen Eltern sind?" Erschrocken zog sich alles in mir zusammen und mit der plötzlichen Wut war da auch auf einmal ein Gefühl in mir, das ich äußerst gut kannte. Man hatte mir mein Kind entrissen, den Tod meiner Tochter vorgetäuscht und uns dann jahrelang beide in dem Glauben gelassen, dass wir nicht existierten. "Ich dachte wirklich du bist tot, Apple." Meine Finger krallten sich für einen Moment regelrecht in ihren Rücken, ehe ich sie wieder losließ, um mich ein Stück zurück zu lehnen und mich in ihren verweinten Augen zu vergewissern, dass dort tatsächlich meine Tochter vor mir stand. "Ich weiß nicht, warum man dir etwas anderes erzählt hat, aber nein, ich schicke dich ganz sicher nicht wieder weg. Du weißt gar nicht, wie sehr ich mir immer eine Tochter gewünscht hab. Seitdem ich dachte du wärst tot. Bei wem lebst du denn jetzt? Wer- ist dafür verantwortlich, dass du so arbeiten musst?" Langsam schüttelte ich meinen Kopf, weil das hier eigentlich nicht der richtige Ort war, um all die offenen Fragen zu klären. "Wir sollten erstmal hier aus dem Wald raus, okay? Du hast keine Krankenversicherung, oder?" Vermutlich nicht. "Dann bring ich dich erstmal zu mir, damit wir deinen Knöchel kühlen können."


RE: STRAßENSTRICH - Noah Scott - 08.07.2016 11:08

Ich stand anfangs noch so neben mir und war so gefangen in meinen nicht enden wollenden Gedankenströmen, dass ich gar nicht recht verstand, warum Lahja das gerade tat - nämlich für mich - und es damit auch nicht angemessen würdigen konnte. Schweigsam tat ich bloß das, wozu sie mich ermutigte, indem ich mir meine Kleidung wieder anzog, noch ein paar andere Dinge in meinen Rucksack schmiss, meine wichtigsten Habseligkeiten nahm und mich dann mit ihr zur Busstation begab, aber zur Ruhe kam ich erst, als wir eingestiegen waren, tief in die Sitze sanken und sich das Gefährt in Bewegung setzte. Erst dort sah ich immer wieder von der Seite in das Gesicht von Lahja, überlegte dabei, ob sie selber irgendwelche Vorteile daraus zog jetzt mit mir nach Los Angeles zu fahren, um dort nach Apple zu suchen, aber blieb immer wieder daran hängen, dass sie es völlig selbstlos tat. Nur für mich. Nur, damit es mir gut ging. Das hier war keine Manipulation und sie machte mir auch keinen Vorwurf daraus, dass auf einmal Apple und ihr Wohlergehen wieder so viel Platz in meinem Kopf einnahmen, sie war einfach-- sie tat, was sie mir versprochen hatte. Sie akzeptierte mich wie ich war. Und das war so schön zu erleben, dass ich irgendwann liebevoll meine Finger mit ihren verkreuzte, sie schwach anlächelte und schweigsam über die warme Haut auf ihrem Handrücken streichelte, während die Landschaft an uns vorüber zog. Wie gut es sich anfühlte sie hier zu haben. Wie viel stärker es mich machte zu wissen, dass sie hinter mir stand. Als wir uns, in Los Angeles angekommen, direkt auf den Weg zu Hailys Haus begaben, musste ich erstmalig kein schlechtes Gewissen dafür in Kauf nehmen, und als sie mich auch noch motivierte mir ruhig Zeit zu lassen bei meiner blonden, durchgedrehten Freundin, konnte ich nicht anders, als Lahja dicht an mich zu ziehen und sie noch einmal zu küssen, bevor ich hinter der großen Holztür verschwand.
Haily ging es wie erwartet miserabel. Ich hatte schon mehrmals miterleben müssen wie sie sich mit Bauchschmerzen im Bett hin und her drehte und ich hatte auch gesehen wie schlecht es ihr ging, als Aiden sie vor ein paar Wochen mit seinen Worten so verletzt hatte, aber das hier waren ganz neue Dimensionen. Das hier war nicht mehr Haily. Ihr Zimmer war verdunkelt, es war kalt hier, und als ich hinein kam, als ich mich dort direkt neben sie auf die Matratze legte und sie fest in meinen Arm schloss, da konnte sie sich gar nicht richtig freuen mich zu sehen. Nicht so wie sonst. Sie hatte noch nie zuvor so sehr an dieser Welt gezweifelt, die sie um sich herum errichtet hatte, wie jetzt und es brach mir beinah das Herz dieses Mädchen, das in kürzester Zeit einen riesigen, wichtigen Platz in meinem Leben eingenommen hatte, so zu sehen. Viel zu gerne wollte ich ihr ein bisschen des Leids nehmen, ich wollte ihr von Lucy erzählen und davon, wer Chris war und warum Aiden das getan hatte, weshalb er ihn ewig hassen würde, aber ich fühlte mich nicht im Recht dazu, also ermutigte ich sie nur noch einmal mit Aiden zu reden, ihn vielleicht im Gefängnis zu besuchen, und sprach ihr gut zu, dass er zweifellos seine Gründe haben musste, bevor sie mich auch schon wieder vor die Tür setzte, damit ich nach Apple suchen konnte. Das war wichtiger jetzt, sagte sie, und weil keiner von uns ahnen konnte, dass Haily noch etwas viel Schlimmeres erfahren sollte und daraufhin erneut die Stadt verlassen würde, drückte ich sie noch einmal fest an mich und versprach ihr in den nächsten Tagen immer mal wieder vorbei zu kommen.
In Wirklichkeit waren die nächsten Tage aber viel zu sehr ausgelastet, fast jede freie Sekunde stromerte ich durch die Stadt, um nach Apple Ausschau zu halten. Tagsüber ging ich mit Lahja zu naheliegenden Orten wie einer Obdachlosen-Station oder zu ein paar Organisationen, die umsonst Essen austeilten. Oder wir liefen einfach nur durch die Straßen, mit einem Bild von Apple auf unseren Handys, und fragte wahllos die Passanten. Hoffnung machte ich mir jedoch meistens erst, wenn es Abend wurde, wenn ich mich dann von Lahja trennte, sie bat in ein paar Kneipen oder Clubs nach ihr zu suchen, während ich mich selber dorthin bewegte, wo ich mich eigentlich nie wieder aufhalten wollte. Jede Nacht trieb ich mich in der Nähe der Straßen herum, wo Minderjährige sexuelle Dienste anboten, anfangs erst im Zentrum der Stadt, aber dann zog ich immer weiter in die Außengebiete. Ich hasste es wie ich mich hier fühlte, ich hasste es auch wie ich angesehen wurde - entweder argwöhnisch, weil man jemanden wie mich hier wohl selten sah, oder aufreizend, von Mädchen und auch Jungs, die viel zu jung waren, um auf die Art ihr Geld zu verdienen. Ich hasste es wie manchmal mein Herz stehen blieb, weil ich glaubte in der Dunkelheit Apple zu erkennen, aber dann doch enttäuscht wurde. Es war ein ganz absurdes Gefühl, das sich jedes Mal in mir ausbreitete, wenn ich die Wege hinab lief und in die fremden Gesichter sah, denn während ich einerseits so sehr darauf hoffte Apple endlich zu finden und für sie da zu sein, wollte ich das eigentlich nicht hier tun. Ich wollte, dass unsere gemeinsame Zeit etwas in ihr verändert hatte. Dass sie sich zu gut fühlte für das hier. Dass sie sich, dank mir, daran erinnerte wie man auch auf andere Arten Geld verdienen konnte. Dass sie nicht mehr hierher gehörte. Aber dem war nicht so, denn in der vierten Nacht, nachdem ich bei Haily gewesen war, setzte auf einmal nicht nur mein Herz aus, sondern auch mein Atem blieb stehen und mein ganzer Körper zog sich zusammen. Da war sie. Da war sie wirklich. Sie war tatsächlich wieder hier, stand in einem kurzen Rock und weit ausgeschnittenem Oberteil am Straßenrand und versuchte die vorbeifahrenden Autos von sich zu überzeugen. Sie war so fixiert darauf, auf diesen Job, den sie hier ausführte, dass sie mich erst bemerkte, als meine Hand sich zitternd auf ihre Schulter legte. "Apple?" Meine Stimme klang ganz rau, unsicher auch, weil ich- Scheiße, ich hatte keine Ahnung, ob ich ihr überhaupt noch irgendetwas bedeutete. Ob ich ihr jemals etwas bedeutet hatte. "Ich- ich hab mitbekommen, was passiert ist, und--" Mittendrin brach ich ab, weil ich es einfach nicht schaffte ihr mein Beileid auszusprechen. Nicht für Chris.


RE: STRAßENSTRICH - Apple Jean White - 08.07.2016 12:38

Als sich eine Hand auf ihre Schulter legte, war Apple gefangen zwischen Schock darüber, es könnte das Jugendamt oder die Polizei sein und diesem Irrglaube, es wäre eventuell doch ihr Vater. Ganz merkwürdig aber in ihr war noch alles so aufgewühlt und Surreal war und sie ihren Namen vernahm, sie hatte das noch gar nicht richtig verinnerlicht was da passiert war. Hier auf der Straße spielte sie eine Rolle aber am Tag weinte sie viel, versteckt von der Außenwelt, in irgendwelches Gassen oder unter Brücken. Sie sah immer zu, dass sie alleine war - Apple hatte die Schnauze voll von den Menschen. Sie fühlte sich von der ganzen Welt einfach hintergangen. Man hatte ihren Vater genommen, alles was sie noch hatte. Als sie dann aber in das Gesicht von Noah blickte war der hoffnungsschimmer wieder zur Nichte gemacht aber auch die sorge, nun erwischt worden zu sein. Apple sah ihn einfach nur überrascht an, was wollte er denn nun hier? Was wollte er von ihr? Die ersten beiden Tage hatte sie versucht zu singen, wie sie es mit Noah getan hatte aber es war ihr nicht gelungen. Der Tod ihres Vaters hatte ihr alles genommen- vom fünkchen Selbstbewusstsein bis irgendwelche Emotionen war nichts zu finden und das nahm auch ihrer Stimme alles. Als der Magen zu Doll knurrte hatte sie sich auch schon mit dem Schicksal ihres alten Lebens wieder angefreundet. Da passte Noah nur nicht rein, das ging nicht und generell war das viel zu schmerzhaft. " Was... was willst du hier?" In dem Moment aber dachte sie nur an eines. Flüchten. Sie war gerade wieder in dem Leben hier angekommen, hatte schon etwas Geld in der Tasche und wandte sich ab, nachdem sie ihm gesagt hatte " lass mich einfach. " Und sie empfand das auch als das beste, obwohl man ihre durcheinander geratenen Emotionen deutlich erkennen konnte.


RE: STRAßENSTRICH - Noah Scott - 09.07.2016 11:08

Während der letzten Tage hatte ich immer wieder versucht mir vorzustellen wie Apple wohl auf mich reagieren würde, wenn wir einander sahen. Davon, dass sie mir weinend in die Arme fiel, bis zu völliger Ignoranz hatte ich jedes Szenarium in meinem Kopf einmal durchgespielt und auch auf das hier, auf diese Ablehnung ihrerseits, hatte ich mich eigentlich vorbereitet, aber von meinen zuvor so sorgfältig zurechtgelegten Sätzen war jetzt nichts mehr übrig. Meine Gedanken rasten, genauso wie mein Herz, ich konnte keine klaren Worte formen und sah einfach nur in ihre traurigen, mit tiefen Rändern unterlegten Augen, ehe Apple sich angespannt von mir abwandte. Sie ließ es nicht kalt mich zu sehen, das konnte ich erkennen, aber für einen Moment stand ich doch so neben mir, dass ich bloß schweigsam auf ihren Rücken starrte. Diese Unsicherheit, die zerrte am meisten an meinen Nerven. War sie so abweisend, weil sie nunmal die letzten Jahre allein gewesen war? Einfach aus Gewohnheit? Oder wollte sie mich tatsächlich nicht hier haben? Amüsierte sie sich innerlich vielleicht sogar darüber, dass ich nach all den Wochen, die jetzt vergangen waren, immer noch so viel Zuneigung für sie übrig hatte, dass ich durch die ganze Stadt irrte, um sie zu finden? Weil für sie wiederum alles nur ein Spiel gewesen war? Nur Lügen? Leichter wäre es gewesen einfach zu nicken, mich umzudrehen und wieder zu gehen, aber ich wusste, dass ich das irgendwann bereuen würde. Ich wollte endlich Sicherheit. Ich wollte wissen, ob meine Anwesenheit ihr helfen konnte. Ob sie mich wirklich mochte. Gemocht hatte. "Ich war bei Haily. Sie macht sich Sorgen um dich." Schon wieder klang meine Stimme ganz rau, die Sätze wirkten abgehakt, aber dennoch ging ich vorsichtig einen Schritt auf sie zu. "Ich- ich hab nach dir gesucht. Drei Tage jetzt schon. Und- ich hab so gehofft, dass ich dich nicht hier finde, Apple, aber-" Weil ich kaum das Gefühl hatte, dass meine Worte sie erreichten, verschränkte ich die Arme vor der Brust, drückte die Finger fest in meine eigene Haut und senkte den Kopf. Nur kurz, so lange, bis ich urplötzlich in meine Tasche griff, ein paar Geldscheine hinaus zog, sie flüchtig durchzählte und dann in Apples Richtung hielt. "Eine halbe Stunde. Gib mir- eine halbe Stunde deiner Zeit. Ich lad dich auf einen Kaffee ein, ein Stück die Straße runter ist ein ziemlich heruntergekommenes Diner. Und dann- dann reden wir. Ich will nur wissen wie es dir geht."


RE: STRAßENSTRICH - Apple Jean White - 09.07.2016 17:42

Das hier war alles andere als leicht für Apple. Sie hatte über die Jahre gelernt, dass die Welt nichts gutes für sie zu bieten hatte – von ihren verlogenen Eltern bis hin zu diesem Heim, in dem sie gequält worden war aber eine Hoffnung blieb. Ein Schimmer war da immer. Früher lediglich, irgendwann mit der Volljährigkeit ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, dem Leben zu trotzen und doch etwas gutes raus zu holen aber dann kam da ihr Vater. Dann kamen da Menschen wie Noah und Haily, die ihr zeigten, sie musste nicht tiefer durch die Hölle gehen als ohnehin schon. Sie waren für sie da und sie konnten ihr helfen, alles Bullshit. Alles eine große Lüge. Nur Chris, nur ihr Vater – der hatte das beste für sie gewollt. Weil das in ihrem Kopf schon so zurechtgelegt war aber in ihrem Herzen noch nicht genauso angekommen, weil der Schmerz einfach zu tief saß, wegen Verlust und dem mutmaßlichen Verrat, konnte sie nicht anders, als inne zu halten, als Noah den Namen von Haily in den Mund nahm. Sie hatte ihr Vertraut, sie hatte sich von dem Mädchen in den Arm nehmen lassen, die Haare aus dem Gesicht streichen, wenn sie zugab, Noah zu vermissen und dann hatte ihr Freund ihren Papa getötet. Sie war Schuld – Apple war daran Schuld. Sie hatte diese Menschen in ihr Leben gelassen, sie wollte an diesem verfluchten Abend auf das Konzert. Bitter senkte sie den Kopf. „ Ich weiß nicht, warum Haily das Interessiert – sie kann sich jetzt mit dir und deiner Freundin und ihrem Kerl freuen... du kannst ihr sagen, es ist alles okay. Glückwunsch.“ Für sie war klar, dass da alle unter einer Decke steckten und damit wollte sie davon laufen. Sie wollte hier nicht in ihrem kurzen Rock und auf den hohen Schuhen neben Noah stehen und ihm beweisen, wie tief sie wieder gefallen war. Wieso eigentlich tief? Zumindest kam sie alleine klar! Apple kam alleine klar und deswegen sah sie mit dem Ruck auch auf. „ Tja – ich hätte mir gar nichts anderes einreden lassen sollen, hier kann ich es wenigstens schaffen...“ Solange er nicht das Jugendamt alarmierte. So dumm wäre er aber nicht, denn dann konnte er lange nach ihr suchen, dann würde sie abhauen. Was nichts daran änderte, dass sie es fürchterlich fand – viel mehr als zuvor – mit diesen erwachsenen Männern zu schlafen. Wirklich viel zu alt für sie, nicht wie Noah ein paar Jahre und weil das Geld in seiner Hand einen Freier weniger am Tag bedeutete, stieß sie die Luft aus den Lungen und nahm es an sich. „ Ich mach... mach das nur, damit... du mich in Ruhe lässt.“ Sie wollte ihn nicht Wissen lassen, wie hart dieser Job für sie war und sie musste sich doch rechtfertigen, weshalb sie ihren Stolz so tief ansetzte. Apple ging mit ihm die Straße hinab, dorthin, wo er gesagt hatte, dass die beiden sich unterhalten sollten. Vor der Tür sah sie ihn an. „ Du musst mich nicht auf einen Kaffee einladen, ich habe Geld – das hier ist... eine Dienstleistung und wenn du dir nochwas dazu wünscht, lass es mich wissen.“ Sie spielte auf das sexuelle an, wahrscheinlich um ihn zu verletzen und auch um ihren Standpunkt klar zu machen. Sie würde das hier nicht wieder aufgeben, um längst gestorbenen Träumen hinterher zu jagen. Das war endgültig vorbei. Als sie sich gesetzt hatte, als sie die Hände in ihrem Schoß faltete – die Augen ruhelos versuchten nur seinen Blicken auszuweichen, sah man deutlich, wie schlecht es ihr ging. In dem Licht sah man wie rötlich ihre Augen unter der Schminke schimmerten, wegen der vielen Tränen und die angespannten, hoch gezogenen Schultern waren das beste Indiz für ihre unheimliche Unsicherheit – auch ihre Fassade war momentan nicht perfekt. Dazu war sie noch viel zu geschockt und viel zu traurig. „ Was... was genau willst du von mir hören oder Wissen? Wie es mir geht habe ich dir gesagt... ich will mit Haily nichts mehr zu tun haben und...“ Ja, und was? Nichts, sie wusste nicht im geringsten, was sie Noah sagen sollte – nichts, was sie nicht auf der Stelle zerbrechen würde.


RE: STRAßENSTRICH - Noah Scott - 10.07.2016 12:27

Apple war so undurchsichtig für mich geworden. Vor ein paar Wochen noch, da hatten wir ein Vertrauen zueinander aufgebaut, glaubte ich zumindest. Wir hatten miteinander reden können, ganz frei und offen, aber davon war jetzt nichts mehr übrig. Stattdessen sah sie mich immer wieder skeptisch an, ihre Körpersprache war ablehnend und in sich gekehrt, und als sie mir dann auch noch eindeutig provokativ ihre sexuellen Dienste anbot, für das Geld, was ich ihr gegeben hatte, brauchte ich dringend einen Moment Luft. Klare Gedanken. Während sie sich bereits an einen Tisch setzte, ging ich zur Theke, um uns - entgegen ihrer Abweisung - zwei Kaffee zu bestellen und auch dann noch einen Moment dort zu verharren, als ich schon bezahlt und meine Hände um die warmen Tassen gelegt hatte. Was wollte ich von ihr? War es absurd, dass ich hier war? Ging mich das alles eigentlich nichts mehr an? Sollte ich einfach akzeptieren, dass sie meine Anwesenheit ganz offensichtlich nicht wollte und wieder gehen? Ein kurzer Blick über die Schulter, in ihr müdes, traurig wirkendes Gesicht, motivierte mich aber dazu es wenigstens zu versuchen, noch ein letztes Mal. Ich musste versuchen zu ihr durchzukommen, ich musste ihr anbieten, dass ich noch immer für sie da war, wenn sie meine Hilfe brauchte. Alles andere wäre einfach nicht ich. Alles andere würde ich irgendwann bereuen. Ein unsicheres Grundgefühl blieb allerdings, als ich mich umdrehte, auf sie zuging und entschlossen die Tasse Kaffee vor Apple abstellte. "Keine Widerrede." Mit einem eindringlicher Blick hielt sie hoffentlich davon ab eine Diskussion darüber heraufzubeschwören, wer jetzt wessen Kaffee zahlen musste, ehe ich mich ihr gegenüber setzte. Im Gegensatz zu ihr fiel es mir zum Glück nicht schwer den Blickkontakt zu halten, ich hatte schließlich nichts zu verbergen. "Du- gibst wirklich Haily eine Mitschuld daran?" Schon eben auf der Straße hatte mich das hart getroffen, aber als Apple jetzt nochmal sagte - ganz ernst und entschlossen - dass sie mit ihr nichts mehr zutun haben wollte, konnte ich nur atemlos den Kopf schütteln. "Haily- hatte keine Ahnung, Apple. Sie wusste nicht, wer-" Wer Chris ist? Wozu er fähig war? Angespannt hielt ich mitten im Satz inne, sah in diese übergeschminkten verweint-rötlichen Augen vor mir und konnte auf einmal nicht aussprechen, was ich eigentlich sagen wollte. Ich musste Apple doch erklären, was ihr Vater getan hatte, oder? Ich musste ihr doch sagen, weshalb Aiden so viel Hass für ihn empfand. Dass Aiden kein böser Mensch war, sondern dass Chris- dass er schreckliche Dinge getan hatte. Dass ihr Vater nicht der Mensch war, für den sie ihn hielt. Das musste ich doch- musste ich ihr das nicht erklären? Aber- was würde das mit ihr machen? Wie würde sie darauf reagieren? Apple hatte niemanden mehr, sie hatte - schon wieder - alles verloren. Sollte ich ihr jetzt die einzig gute Erinnerung nehmen, die ihr geblieben war? Scheiße. Abwesend krallte ich so fest meine Finger um die Tasse vor mir, dass sie schön rötlich anliefen, als ich auf einmal den Kopf schüttelte. "Haily hat keine Ahnung, was da mit Aiden passiert ist. Sie ist selber am Boden zerstört und dass sie nicht weiß, wo du bist und wie es dir geht, das macht es nur noch schlimmer. Aiden ist im Gefängnis, er spricht nicht, keiner ahnt, was da in ihn gefahren ist. Warum er- deinen Vater-" Kopfschüttelnd brach ich ab, sortierte meine Gedanken, suchte nach den richtigen Worten und atmete dann einmal tief ein, bevor ich Apple wieder ansah und aussprach, was ich nie aussprechen wollte. Für sie. "Es tut mir so Leid für dich, was da passiert ist. Du hast das nicht verdient, er- hat das nicht verdient." Doch, hatte er. "Niemand hat das verdient. Und- ich weiß wie wichtig dir dein Vater war, Apple, deshalb mach ich mir Sorgen. Wir alle machen uns Sorgen. Und du kannst nicht- du kannst doch nicht wieder dahin zurückgehen, wo du vor ein paar Monaten noch standest. Du kannst nicht zurück auf die Straße, Apple, bitte. Du bist so viel besser, als das. Komm- komm mit mir zurück in die Stadt, du kannst bei Haily im Haus wohnen und- wir schaffen das. Alle gemeinsam. Wir sind für dich da." Mein Herz raste, als ich ihr in die Augen sah, ängstlich und hoffnungsvoll zugleich, weil ich wusste, dass es nicht nur darum ging, ob Apple diese Hilfe annahm oder nicht. Es ging auch darum, ob sie mir tatsächlich jemals vertraut hatte. Ob alles nur gelogen war und sie keine Zuneigung für mich empfand oder ob ich doch noch irgendwo in ihrem Herz existierte.


RE: STRAßENSTRICH - Apple Jean White - 10.07.2016 16:34

Als Noah den Kaffee vor ihr abstellte, mit diesem Nachdruck in der Geste und den passenden Worten, sah sie ein – das wäre eine Diskussion, die sich der Kraft nicht lohnte. Sie gab sich hart und sie gab sich Grundlegend abgefuckt, von allem. Sie musste das doch, wohin denn sonst mit dem Schmerz und der tiefen Trauer, wegen des Verlustes, ihres Vaters? Apple hatte sich vergleichbar noch nie Gefühlt oder aber es lag zu lange zurück, dass ihr Leben dermaßen Düster ausgeschaut hatte. Jeder Atemzug schien ein unnötiger und viel zu oft sah sie sich auf den Knien, neben ihrem toten Vater, auf dem Boden dieser Kneipe um verzweifelt zu verhindern, dass das Leben aus ihm gewichen war. Wie Unsicher sie war und wie viel Beherrschung in ihr steckte, wurde damit entlarvt, dass ihre Finger zu sehr bebten, als sie sie um den Becher schloss, dass sie sich fast selbst die Finger verbrühte. Lieber schob sie diese wieder auf ihren Schoß, hielt sich an dem bisschen Stoff fest, was ihr heute schon ein paar Männer nach oben geschoben oder ausgezogen hatten – wie auch immer. Zumindest leitete Noah das Gespräch so ein, dass sie sich aufrichten konnte und er damit die Wut in ihr provozierte. Die galt nicht mal Haily, Noah, Aiden oder gar Lahja – sie war an niemand bestimmtes Adressiert. Es kam nur so viel zusammen für das siebzehnjährige Mädchen – ihr letztes Familienmitglied war Tod. Die Angst vor einem Kinderheim war noch immer unheimlich groß und saß wie ein Biest in ihrem Nacken. Sie hatte ihre erste, beste Freundin und ihre erste Liebe so schnell ziehen lassen müssen, wie sie in ihr Leben getreten waren und da stand so viel Kopf. Schmerzhaft die Erinnerungen dazu, wie in der Küche des Hauses, in San Francisco, über sie gesprochen worden war. Da setzte sie auch an, da wo sie den Entschluss gefasst hatte, es war besser, sich von Noah fern zu halten. „ Frag... frag doch deine Mitbewohner, die denken Sicher auch, ich bin hier schon ganz richtig...“ Ihre Stimme klang nicht mal mehr halb so fest wie eben, ihre Augen fixierten immer wieder den Tisch und auch ihr Kinn neigte sich etwas zur Brust hinab. Apple konnte nicht verhindern, dass es die letzten Worte waren, die sie erreichten – es tat ihm Leid. Sie musste nicht alleine sein. Da waren Menschen, die sich um sie Sorgten und trotzdem... fühlte sich das so falsch an. Die wärme in ihrem Herzen war doch für Chris reserviert gewesen, er hatte ihr den Umgang verboten... über diese quälend, zähen Gedanken. Darüber, Noah gegenüber zu sitzen und sich ihm so Fremd gegenüber zu fühlen. Das es Haily schlecht ging, wegen ihr. Apple mochte noch so Stolz sein, noch so kühl und zu lange, zu einsam – dem hielt sie nicht stand und auch wenn sie nicht wusste, ob Noah das provoziert hatte, begann sie zu weinen. Erst probierte sie durch festen Druck auf dem Nasenrücken, das zu verhindern aber dann ging nichts mehr. Nervös nestelte sie an einer Servierte, presste sie zittrig unter ihre Augen und da saß dieses junge Mädchen, dem die Welt nun wirklich nicht viel erfreuliches hatte zukommen lassen, in einem Outfit für... nicht mal eine Erwachsene Frau und weinte bitterlich. Verlor das Image und da blieb eben nur ein Mädchen, was ihren Papa verloren hatte. Tod geprügelt. Sie würde auch das Bild niemals wieder los werden. Sie schob eine Hand an die Seite ihres Halses, probierte zur Seite des Fensters weg zu sehen, dass nicht der halbe Laden sah, was hier vor sich ging – wenn das Schluchzen sie nicht verriet. „ Ich... er... er fehlt mir so. Was soll ich denn jetzt tun? Ich... ich weiß nicht wo ich hin gehöre – einfach... es fühlt sich einfach alles falsch an. Jede Sekunde fühlt sich einfach... nutzlos an. Ich habe ihn nicht mal gekannt... wir hatten so wenig Zeit und ich bin auch noch davon gelaufen. Ich habe ihn nur enttäuscht. Ich wollte auf dieses blöde Konzert. Er... er hat mich davor gewarnt. Er... Chris... wollte nicht, dass ich raus gehe. Das Haily... so oft da ist. Er wollte nicht, dass ich jemals wieder mit dir Rede. Hätte ich... doch bloß von Anfang an auf ihn gehört. Jetzt ist... ist er weg. Da ist niemand mehr.“ Die Worte kamen so herzzerreißend Traurig über ihre Lippen, den Kampf gegen die Tränen hatte sie aufgegeben. „ Wenn... wenn ich mit dir komme, dann... dann verrate ich ihn doch nur schon wieder. Das... das hier, noch ein Jahr... muss ich durchhalten...“ Apple hatte sich nie Anmerken lassen, wie der Strich sie anekelte und sie hatte sich selten in die Karten sehen lassen, nun klang die anstehende Volljährigkeit noch einmal viel mehr nach einem Herzenswunsch. Mit zusammengezogenen Schultern und um Fassung ringend, sah sie auf den Fleck, wo sie eben gestanden hatte – Noah hatte die ersten Barrieren erfolgreich gebrochen und da klangen eine ganze Menge Erkenntnisse mit. Wie viel Schuld sie sich an dem Tod ihres Vaters gab und auch, was sie so strickt von ihm fern gehalten hatte – sie wollte doch diesmal nur alles richtig machen.


RE: STRAßENSTRICH - Noah Scott - 10.07.2016 23:59

Unsicher senkte ich den Blick auf die Tischplatte vor mir, als Apple den Streit erwähnte, den wir nie hatten zu Ende führen können. Darüber, was meine Mitbewohner über sie gesagt und wie ich nichts getan hatte, um sie in Schutz zu nehmen. Schon wieder klang ihre Stimme so ablehnend und für einen kurzen Moment fiel ich kopfschüttelnd in mir zusammen, schob mir meine gespreizten Finger durch die Haare und stand ganz kurz davor aufzugeben, sie einfach in Ruhe zu lassen. Sie wollte mich hier ganz offensichtlich nicht und ich konnte ihr auch nicht hinterher laufen, ohne mich selber dabei zu verletzen, doch gerade als ich kurz davor stand nickend ihre Ablehnung zu akzeptieren, änderte sich auf einmal etwas in Apple. Sie senkte ihren Kopf, ich sah ein Zittern in ihren Händen, glasige Augen und dann- dann ließ sie endlich heraus, was sie so gerne hinter ihrer starken Fassade versteckt hätte. Einfühlsam sprach ich ihren Namen aus, während sie bereits weinte, ich legte auch meine Hände wieder auf den Tisch, weit in ihre Richtung, doch als sie nicht von selber danach griff, stand ich einfach auf und schob mich neben ihr auf die Bank, so nah, dass ich ungebeten meine Arme öffnete, sie fest um Apples Schultern schloss und sie sanft an meine Brust drückte. Ich könnte jetzt mit ihr diskutieren, könnte dagegen reden, versuchen ihr all diese Sorgen zu nehmen, aber ich wollte ihr nicht das Gefühl geben, dass ihre Trauer falsch war. Dass sie kein Recht dazu hatte. Im Gegenteil. Chris war vielleicht ein schlechter Mensch und seine Erziehungsmethoden auch mehr als fragwürdig, wenn er versucht hatte Apple regelrecht von dem Leben zu isolieren, aber er war nunmal ihr Vater. Er war ihre Hoffnung gewesen, auf eine Familie und auf ein besseres Leben, das gab es jetzt nicht mehr. Und obwohl es sich noch immer absurd anfühlte sie für etwas zu trösten, das Lahja, mir und vielen anderen Menschen einen riesigen Druck von der Brust nahm, streichelte ich dennoch beruhigend über ihren Rücken. So lange, bis zumindest der erste Schwall an Tränen ein wenig versiegt war. "Dein Vater würde es hassen, dass du jetzt hier mit mir sitzt." Wenigstens dabei musste ich ihr Recht geben und ich versuchte auch nicht einmal ihr dieses Gefühl zu nehmen. "Aber er würde es noch viel mehr hassen, dass du wieder auf die Straße gehst. Oder? Er hat das hier doch nicht für dich gewollt, Apple. Deswegen doch auch die vielen Regeln, die du befolgen musstest. Ich glaube-- hatte er nicht einfach Angst um dich?" Schwachsinn. Er war ein Psychopath, der es liebte die Menschen in seinem Umfeld zu kontrollieren und manipulieren. Genau das hatte er auch mit Apple tun wollten, da war ich mir sicher, sprach es aber dennoch nicht aus. "Er wusste doch, was du schon alles erlebt hast und was du tun musstest und ich denke- ich denke er wollte dich davor bewahren. Er wollte, dass du sicher bist. Ist es also nicht viel eher ein Verrat an ihm, wenn du dich jetzt wieder so auslieferst? Wenn du dich da auf die Straße stellst und mit fremden, alten Männern schläfst? Für Geld? Hätte er das gut gefunden? Wäre es ihm nicht viel lieber zu wissen, dass du in Sicherheit bist? Dass du Menschen hast, die für dich da sind?" Bestimmt nicht. Ich war mir sicher, dass Chris seine Tochter lieber auf den Knien vor einem Freier sehen wollte, als an meiner Seite, aber auch das ließ ich unausgesprochen. "Komm mit mir. Bitte. Du bist nicht allein."


RE: STRAßENSTRICH - Apple Jean White - 11.07.2016 08:35

Als sie auf einmal jemand bei sich spürte, als Noah ihren Körper an seinen drückte - das war so unglaublich komisch, beängstigend und doch so seltsam befreiend. Bis hier her hatte sie ganz allein mit der Trauer fertig werden müssen oder wollen und nun jemanden bei sich zu haben, der sie versuchte aufzufangen, das war ihr unheimlich. Apple kannte das nur aus einer eher unbeschwerten Kindheit aber da hatte sie nicht mal ansatzweise gewusst, was leiden bedeutete. Jetzt war das anders und seither hatte sie allein gegen die Welt gekämpft. Ein Kampf gegen Windmühlen teilweise. Man konnte merken wie sie beim weinen schwankte, sich an ihm fest zu halten und seinen Schutz suchte und wie sie versuchte sich dagegen zu wehren, gegen dieses verlangen. Wie sie jetzt, wo es viel zu spät schien, versuchte, ihr Gesicht zu verbergen. " Ich weiß doch gar nicht was er wollte - für mich - ich kannte ihn so wenig..." sprach sie dünn aus. Das war so falsch, dass war nicht richtig, dass er ihr so früh weggenommen worden war. Es war aber auch damit immer deutlicher, dass Apple ihren Vater nicht als Monster sehen konnte - wie auch? Denn eines stand fest, dass hier hatte er für sie nicht gewollt. Sie hatte nie wieder anschaffen gehen sollen. Als sie sich ein wenig beruhigt hatte aber noch immer leicht zusammenfuhr, wenn sie schluchzte, sah sie erstmals in Noahs Gesicht. Er war ihr so nahe und alle Gefühle ihm gegenüber meldeten sich so penetrant zu Wort. Wie sollte sie mit ihm gehen? Er hatte... Sie nicht gewollt. Zumindest war es das, an das sie sich seid der rapiden Trennung klammerte. Obwohl das lediglich körperlich gewesen war, dass er sie abgewiesen hatte. " Ich... ich kann nicht in dieses Haus voller Menschen. Ich kann haily... nicht sehen. Nicht so..." Wenn es ihr schlecht ging... "... die Bilder von seinem Gesicht. Es... sah so fürchterlich aus und ich konnte nichts... Nichts tun ihm zu helfen..." Sie sah auf ihre Hände, mit denen sie nichts hatte verhindern können. Machtlosigkeit war ein schlimmes Gefühl, besonders wenn es um so viel ging. " Aber... Du... wenn du magst, kannst du bleiben." Das tat sie sonst nie und sie wusste nicht einmal wieso sie es ihm anbot, Apple bewahrte ihren schlafplatz immer äußerst gut aber Noah räumte sie das ein. War es Egoismus, weil es auch... schön war, nicht mit allem in ihrem Kopf alleine zu sein? Das junge Mädchen wusste es nicht einmal selbst. " Warum... tust du das, nach allem, was du jetzt... Jetzt weißt?" Unsicher und zweifelnd hob sie den Blick in sein Gesicht, konnte aber kaum feste in seine Augen sehen. Als sie wieder hinab sah, spürte sie das Handy in ihrer Tasche klingeln. Was Noah nicht wusste, Apple arbeitete gar nicht mehr nur für sich. Das war ihr zu unsicher - 'Joker' stand da auf dem Display, als sie das Handy abschaltete. So einfach ließen sich Zuhälter aber nicht abwimmeln. Sie war nicht blöd. " Ich muss... Gleich noch... noch kurz los." Vorsichtig tastete sie nach dem Geld in ihrer Tasche. Es sollte reichen...


RE: STRAßENSTRICH - Noah Scott - 11.07.2016 11:11

Als Apple sich wieder von mir löste, lehnte auch ich mich ein Stück zurück und betrachtete ruhig ihr Gesicht, nur eine meiner Hände hielt ich durchgehend auf ihrem Körper. Erst auf ihrer Schultern, dann auf ihrem Unterarm und letztendlich schloss sie sich um ihre Finger, zog zart meinen Daumen dabei über ihren Handrücken. Ich redete mir ein, dass ich das für sie tat, um ihr beizustehen und sie zu trösten, aber in Wirklichkeit konnte ich einfach nicht anders. Apple hatte mir gefehlt, ich hatte sie vermisst und es war so schön bei ihr zu sein, sie anzusehen und mit ihr zu reden, dass ich viel zu schnell wieder in meine alten Verhaltensmuster fiel. Alles, was ich mir während der letzten Wochen eingeredet hatte - dass ich ihr das nicht verzeihen konnte und dass ich sie nie wiedersehen wollte und dass wir doch gar keinen Wert mehr hatten, wenn alles nur auf Lügen basierte - war mit einem Mal vergessen, als ich ihr in die Augen sah und ihre warme Haut unter meinen Fingerspitzen fühlte. Es hätte keinen unpassenderen Moment geben können, als diesen, um es so deutlich zu spüren, aber ich hatte verdammt nochmal Gefühle für sie. Ich war verliebt. Und das machte blind für alles, was eigentlich noch zwischen uns stand. "Okay. Dann- dann bleib ich bei dir." Vorsichtig nickte ich einmal, sah dabei noch immer in ihre verweinten Augen. "Wo schläfst du denn gerade?" Dass sie Haily nicht sehen wollte konnte ich ihr nicht einmal verübeln, das hatte mir doch auch schon das Herz zerrissen. "Ich muss nur eben kurz-" Anstatt den Satz zu Ende zu führen, zog ich wortlos mein Handy aus der Hosentasche und schrieb eine Nachricht an Lahja, dass ich Apple gefunden hatte. Damit sie nicht mehr nach ihr suchen und sich auch nicht mehr länger um sie - oder mich - sorgen musste. Und zum ersten Mal musste ich dabei kein schlechtes Gewissen haben, im Gegenteil, ich war mir sicher, dass sie es diesmal verstehen würde, wenn ich bei Apple blieb. Nicht zuletzt auch deshalb, um vielleicht Antworten auf all meine offenen Fragen zu bekommen. "Was- was weiß ich denn, Apple?" Genau das war doch das Problem und als ich den Blick hob, um ihr in die Augen zu schauen, spiegelte sich darin ganz eindeutig meine Unsicherheit. "Ich stand in den letzten Wochen so oft ganz kurz davor einfach hierher zu fahren, dich zu suchen und dich all die Dinge zu fragen, die ich eben nicht weiß, weil mich das- das hat mich beinah verrückt gemacht. Dass ich einfach- keine Ahnung hab, was eigentlich echt war in unseren Gesprächen. Wer du eigentlich bist. Ich hab es aber nie getan, weil ich- ja, ich glaube, weil ich irgendwie auch Angst vor der Antwort hatte. Davor, dass du mich nicht sehen willst, weil jetzt sowieso alles raus ist und ich keinen Zweck mehr für dich erfülle. Dann ist aber- dann ist das hier passiert und ich- konnte einfach nicht anders. Ich hab mir Sorgen gemacht." Verzweifelt schüttelte ich den Kopf, zog mir erneut meine freie Hand durch die Haare und bekam dabei aus dem Augenwinkel mit wie jemand versuchte bei Apple anzurufen. "Wir- müssen da aber auch nicht jetzt drüber reden. Du hast grad zu viel anderes im Kopf und wenn du möchtest, dann- dann tun wir heute Nacht einfach so als wäre das nie passiert und du erzählst mir lieber von deinem Vater? Wenn du das willst?" Fragend sah ich sie an, ehe ich kurz nickend auf ihr Handy deutete. "Wer war das? Wo musst du hin?" Sagte sie nicht sie hatte niemanden mehr? Sie wäre jetzt wieder ganz alleine?