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RE: PSYCHIATRIE - Adam Hudson - 25.08.2015 23:45 Innerlich durchaus zufrieden stellte ich fest, wie Nele sich mir mehr und mehr zuwandte, wie sie begann sich mir zu öffnen und sogar Interesse an mir entwickelte. In einer Therapie war das immer die schwierigste Aufgabe, dieser Erstkontakt. Das erste Gespräch entschied darüber, ob man miteinander arbeiten konnte oder nicht. Ob man Vertrauen zueinander aufbauen konnte oder ob man einfach nicht miteinander harmonierte. Gerade bei jemandem, der so aussah wie ich, war das noch immer ein extremer Drahtseilakt, weshalb ich auch lächelnd ihre Frage mit einem Nicken bestätigte. Viele Therapeuten behielten gern eine gewisse Distanz bei, die genau dort begann, wenn es um persönliche Fragen ging, doch meiner Meinung nach - und vor allem mit meinen eher jüngeren Patienten - war das völlig überholt. Wenn ich wollte, dass ein Patient begann mir zu vertrauen, dann musste ich ihnen auch etwas bieten, dem sie trauen konnten und das tat ich durch Menschlichkeit. Ich stellte mich mit ihnen auf eine Ebene - einerseits, indem ich ihnen direkt anbot mit beim Vornamen zu nennen und mich zu Duzen, andererseits, indem ich jede Frage, die an mich gestellt wurde, aufrichtig beantwortete. Genauso wie ich von meinen Patienten erwartete, dass sie meine Fragen ehrlich beantworteten. "Es hat etwa zehn Bewerbungen und einen doch eher unkonventionellen, morgendlichen Überfall auf meinen jetzigen Chef benötigt, bis er in Erwägung gezogen hat mir doch eine Chance zu geben. Ich arbeite jetzt aber seit 5 Jahren hier und er hat es noch nicht bereut", gestand ich, widmete mich dann aber auch wieder meiner Patientin. Nele schaffte es tatsächlich sich immer mehr zu öffnen, sich ihre Krankheit einzustehen und auch, dass sie Hilfe benötigte. Dass sie alleine den Ausweg nicht mehr fand. "Du musst das auch nicht alleine schaffen, Nele. Das erwartet keiner von dir. Es ist ein langer Prozess und ich weiß auch, dass sich viele Therapeuten um die Behandlung streiten, aber- du befindest dich gerade an einem sehr wichtigen Punkt und diese Motivation - dass du selber weißt, dass du Hilfe benötigst - müssen wir zusammen nutzen. Das ist ein ganz entscheidendes Eingeständnis. Ich bin mir sicher, dass dir das bisher jeder Arzt gesagt hat, aber das Wichtigste ist wirklich, dass du mir traust und meine Vorschläge annimmst. Vor allem, was die medikamentöse Behandlung angeht. Das geschieht immer wieder, aber es ist ein großer Fehler deine Tabletten selber zu dosieren. Ich werde gerne bis ins Detail jedes Medikament mit dir durchsprechen, das sind alles nur Vorschläge, ich zwinge dich zu nichts. Ich erkläre dir auch gerne die Nebenwirkungen, die dich eventuell erwarten können, aber im Gegenzug wünsche ich mir von dir, dass du alle Zweifel mit mir besprichst. Bevor du etwas an der Dosierung änderst, okay? Das ist der einzige Weg, wie ich dir helfen kann." Regelmäßig saßen mir gegenüber Personen, die mit den schlimmsten Schicksalen umgehen mussten und daran völlig verzweifelten. Hauptsächlich Menschen, die an Depressionen litten und mit Suizidgedanken kämpften, also die, die keinen anderen Ausweg mehr für sich finden konnten. Ich fühlte mich jeder dieser Personen mit, das war auch mein Job, aber aus irgendeinem Grund traf Nele mich ganz besonders. Vielleicht hatte ich heut selber einfach einen schlechten Tag, vielleicht war es der Schweregrad ihrer Krankheit, in so jungen Jahren, oder vielleicht lag es auch tatsächlich an all ihren Umständen. Betrogen und enttäuscht von ihrer Haupt-Bezugsperson, ohne soziale Kontakte, weit entfernt von ihrer Familie. Das machte es umso schwieriger. "Das ist bei vielen Patienten so, ja, aber das beruht meistens auf Gegenseitigkeit. Andere Personen wissen ebenso wenig mit dir umzugehen, wie du nicht mit ihnen umzugehen weißt. Deswegen motivieren wir auch immer wieder dazu, dass man nahe Angehörige mit zu den Therapiesitzungen bringen soll, weil auch sie oft überfordert sind mit der Situation. Wir Therapeuten können da bei der Vermittlung ganz gut helfen und auch dazu raten, dass sich die Angehörigen ebenfalls professionelle Hilfe suchen. Wenn deine Mutter dich nochmal besucht, dann würde ich mich auch freuen, wenn du sie mitbringst zu einem Gespräch. Hast du dir Gedanken darüber gemacht, ob du welche der hier angebotenen Gruppenaktivitäten mitmachen möchtest? Ich glaube die Interaktion mit anderen Menschen würde dir gut tun. Es gibt verschiedene Arten der Kunsttherapie oder Musiktherapie - darüber solltest du dir Gedanken machen." RE: PSYCHIATRIE - Nele Hensley - 26.08.2015 04:00 „ Unkonventionell also? Und wie ist das... mit so einem Berufswunsch? Ich kann... mir schöneres Vorstellen, als jeden Tag das selbe Leid zu hören und die selben Ausweglosen Gespräche zu führen. Was steckt dahinter? Ich weiß... das viele Therapien einiges an Geld gekostet haben... aber in so einer Einrichtung?“ Ihre Eltern hatten alles dafür gegeben, Nele zu helfen und Geld hatte nie eine Rolle gespielt. Weil es das nicht musste, bei ihren Eltern. Vielleicht wollte sie von Adam Wissen, warum er sich mit ihr herumplagte und mit so vielen anderen, gescheiterten Existenzen. Das würde ihr vielleicht Helfen, ihn zu verstehen und ihm über den Weg zu trauen. Das würde sie aber danach Entscheiden. Genauso, wie sie ihn zwar Aufmerksam ansah, als er über die Medikamente sprach aber zaghaft nickte. Das blieb Abzuwarten, bis sie ihre ersten Probleme mit seiner Dosierung bekommen würde. „ Und... würdest du dich denn auch darauf Einlassen, wenn ich der Meinung bin, dass eine andere Zusammenstellung zu der Zeit besser ist?“ Da waren so viele Psychologen so Arrogant – oder war das einfach nur ihr Fachwissen? Aber wenn sie sich mit dem, was sie bekommen hatte, nicht Wohl gefühlt hatte, hieß es nur immer, sie müsste etwas durchhalten. Das würde schon werden und sie hatte sich demnach an der Nase herum geführt Gefühlt. Sie wusste doch noch, was in ihr vorging, oder? Das er ihre Eltern oder Gruppen mit Verrückten mit einbeziehen wollte, das sah sie mit Skepsis aber da spürte man auch, wie Müde sie wurde. Ohne Argumentation lehnte sie ab und wurde zunehmend Stiller. Das war dann auch der Moment, wo er sie nach seiner ersten Sitzung entließ und Nele wieder auf ihr Zimmer kam und eine ganze, lange Weile schlief. Die nächsten Sitzungen liefen ebenso ab – Adam fragte sie, Nele sprach mit ihm und ab und an stellte auch sie eine Frage um zu sehen, ob er dazu noch gewillt war. Sie versuchte ihn zu testen, bewusst oder unbewusst. Erstaunlich war, es Interessierte sie auch, vielleicht, weil er begann, einen Draht zu ihr herzustellen. Irgendwann war sie dann sogar noch einmal von selber auf die Gruppentherapien zu sprechen gekommen. Wie lief das ab? Waren da nur welche, mit ihrer Krankheit oder alles gemischt? Empfahl er ihr etwas und hatte er auch was davon gelernt? Hielt er eine für besonders Sinnvoll und Effektiv und das nicht auf soziale Kontakte bezogen sondern was ihr wirklich Helfen würde. Wie waren die Betreuer, sie sagte ihm, manchmal kam sie sich vor, wie ein Kind hier drinnen behandelt zu werden und sie wollte sich das sicher nicht auch noch in der Zeit antun, die sie selber Bestimmen durfte. Obwohl sie sich das alles etwas nieder redete, ging sie doch zur Maltherapie, weil sie das als Kind mal gerne gemacht hatte. Tatsächlich bereitete ihr das so etwa wie... nicht ganz Gleichgültig zu sein. Freude wäre zu viel aber es lenkte sie ein bisschen ab und auch wenn sie sich Sträubte, sie konnte nicht jedem Gespräch mit anderen hier aus dem Weg gehen. Nur fühlte sie sich dabei Tatsächlich unwohl und das sagte sie Adam auch beim nächsten Mal, es zog sie herunter, in die falsche Richtung sich mit anderen Menschen auseinander zu setzen und deren Todeswunsch. Sie wollte ja Abstand dazu und nicht Konfrontation. Manchmal sogar Bestätigung, je nachdem, in welchem Stadium die anderen sich befanden. Nele machte sich das ganze nicht einfach, dafür hatte sie auch zu lange Zurückgezogen gelebt und dafür sah sie das hier zu sehr als ihren letzten Strohhalm. Oder aber sie konnte das nicht hören, weil sich die manische Phase doch immer deutlicher Ankündigte. Entgegen der Medikamente war sie fitter. Unternehmungslustiger. Die Worte in den Sitzungen nahmen neue Wendungen an. Was ihr immer wieder ein Dämpfer verpasste war leider, das Thema Arbeit, Studium oder Ausbildung. In den Manischen Phasen war das immer groß für sie gewesen aber nach der Einschätzung aller Psychologen war das nicht machbar. Also befragte sie Adam danach und wie er ihre Chancen sah. Leider genau in der Sitzung, wo auch ihre Mutter hinzugekommen war. Sie hatte erneut nach Nele sehen wollen und eigentlich war sie der Meinung, wenn man so lange in einer solchen Eindrichtung gewesen war, dann musste man auch Erfolge verbuchen. Da konnte man doch auch mal mitkommen zu so einer Sitzung. Als ihre Mutter aber neben ihr saß und dann nur den Kopf schüttelte, wo Nele nach der Chance fragte, damit jemals zu Arbeiten oder Alternativen von eventuellen, anderen Patienten, sah die Tochter fragend zu ihr Ach Nele Schatz, hör doch auf damit. Du musst nicht Arbeiten, dass sind nur wieder falsche Hoffnungen. Mit der Vorgeschichte, wird das nichts. Sinnlos herum Studieren, wozu denn? Das ist gerade nur wieder so eine Phase bei dir. Bei dem Wort Vorgeschichte, sah ihre Ma ganz deutlich auf ihre Handgelenke und schüttelte abermals den Kopf. Das hatte zumindest so gesessen, dass sie trotz beginnender Euphorie wieder tiefer in den Stuhl sank. Jetzt Rede ich mal mit dem Doktor. vergewisserte sich ihre Mutter, dass Nele ruhig war und weil sie es nie anders gelernt hatte, Sprach sie erstens so, als sei ihr Kind nicht um Raum und wenn doch, als würde sie das nicht verstehen – wie ein kleines Mädchen eben, wenn Erwachsene redeten. Hören sie, ich war ja nicht so... Begeistert von ihrem Erscheinungsbild aber ich habe mich Informiert und sie sind sehr Kompetent und Begehrt. Meine Tochter findet solche Bilder auf der Haut ja auch ganz toll. Sie Belächelte das zumindest bei Adam nicht so wie bei Nele. Wie lange wird sie denn noch hier bleiben? Gibt es eine Einschätzung? Mein Mann und ich haben eine Wohnung angemietet, ihre Sachen schon dorthin bringen lassen und um ihren Exfreund machen wir uns keine Sorgen, wir wollen über das Besuchsverbot probieren, ihm zu Verbieten, sich ihr zu nähern, damit er sie nicht Aufregen kann. Mein Mann und ich, wir können das nicht noch mal Verkraften, ihm geht es wirklich nicht gut. Sie tätschelte das Knie von Nele, der der Informationsfluss über den Kopf wuchs, von dem auch sie gerade das erste Mal erfuhr Sowas tust du nicht nochmal, hm? Das war eine Dumme Idee Nele, du hast uns ganz schön Erschrocken. Das ist doch Quatsch, du fällst uns nicht zur Last und wenn Zac weg ist, wird alles besser. War das noch immer die Lösung ihrer Mutter? Nicht die Krankheit sondern ihr Exfreund müsste verschwinden? Weil damals durch diesen einen Drogenrausch und seine Verletzung der Stein ins rollen gekommen war? So einfach war das nicht. Wenn sie denn nicht auch Wusste, ihre Mutter würde das wirklich Glauben und ihre Mutter meinte das auch alles nur gut, was sie sagte aber das war so Erniedrigend. „ Was... wo... wo ist denn die Wohnung?“ Versuchte sie irgendwo anzuknüpfen, durch den Schock aber wieder ganz blass und unsicher. Jetzt wurde sie da draußen irgendwo... platziert und mit einem Dach über dem Kopf und ihren Sachen wäre die Problematik von der Welt verschwunden? „ Ich hätte... auch selber etwas Regeln können. Die Wohnung suchen.“ in der manischen Phase gab sie nicht ganz so schnell auf und hielt nicht ganz so schnell den Mund, wenn es Anstrengend wurde Stottere doch nicht so und sei etwas Dankbarer. Wieder wand sich ihre Mutter lieber an Adam Wenn das hier nicht hilft und wir das sehen, dann holen wir sie nach England in eine Einrichtung. Ich wollte mich noch Informieren, vielleicht können sie mir weiter Helfen. Kann man auch auf Dauer in dieser Art Krankenhaus bleiben? Als würde Nele das nicht hören können, wenn jemand leise Redete, senkte ihre Mutter die Stimme ein wenig. Dauerhaft? Sie wusste mittlerweile, sie hatte auch den Menschen in ihrem Umfeld damit weh getan, ihrem Leben ein Ende setzen zu wollen – das hatte auch einige Sitzungen beansprucht aber war das hier eine angemessene Reaktion? War es genau richtig, sie so zu Behandeln? Weil sie Adam mittlerweile doch Vertraute, trafen Neles Augen ihn groß, verwirrt und nach Antworten suchend. In ihrem Stuhl immer mehr zusammengesunken umgriffen dafür ihre Hände fest die Armlehnen. Irgendwo zwischen Wut und Trauer steckte sie fest, genau wie Momentan irgendwie zwischen ihren beiden Phasen und dem Gefühl, nie wieder alleine etwas zu schaffen und alles alleine schaffen zu wollen. Irgendwann sah sie aus dem Fenster, sie wollte gerade gar nicht hier sein, Flüchten, sie wäre gerne woanders und das Signalisierte sie allen beiden, in dem sie weder etwas sagte noch zu reagieren schien. RE: PSYCHIATRIE - Adam Hudson - 26.08.2015 14:16 Es gab nur eine Frage, die ich mehrmals von Patienten zu hören bekam, aber bisher noch nie ehrlich beantwortet hatte, und genau die hatte auch Nele mir bei unserem ersten Gespräch gestellt. Was meine Hintergründe hierfür waren. Weshalb ich mich für den Job interessierte. Am Geld konnte es nicht liegen, damit hatte sie Recht. In einer eigenen Praxis wäre das anders, aber hier war die Bezahlung eher dürftig, das hatte aber auch tatsächlich nie eine Rolle für mich gespielt. In Wirklichkeit war es tatsächlich dieser Todeswunsch, den ich nachvollziehen wollte. Was trieb andere Menschen dazu, dass sie den Tod mit offenen Armen empfinden und dem Leben den Rücken kehren wollten? Das interessierte mich, aus persönlichen Gründen, aber anstatt Nele die Wahrheit zu erzählen und mich damit weiteren Fragen auszusetzen, lächelte ich sie lieber an und wich der Beantwortung tatsächlich ein wenig aus. Ich führte ihr vor Augen, dass diese Gespräche nicht ausweglos bleiben mussten, dass es mich mit Freude erfüllte Hoffnung zu verbreiten und zu helfen. Dass mich darüber hinaus auch die Neurologie interessierte, wie das Gehirn funktionierte, wie körperliche Beschwerden mit mentalen Beschwerden zusammenhingen, das volle Programm der Standardantworten, die man von jedem Therapeuten hören würde. Ich konnte nicht beurteilen, ob sie das zufrieden stellte oder ob sie das nachvollziehen konnte, aber bevor wir zu tief in ein Thema eindringen würden, das ich lieber weit von mir hielt, widmete ich lieber ihrer Frage zu der Medikation. "Wenn du mir erklären kannst, weshalb du der Meinung bist, dass eine andere Medikation besser ist, und ich das aus medizinischer Sicht auch unterstützen kann, dann ja. Nele, das ist dein Körper und du musst nichts deinem Körper zuführen, das du ihm nicht zuführen möchtest. Du bist wirklich die Einzige von uns beiden, die wirklich weiß, wie es ist mit einer bipolaren Störung zu leben, aber ich würde mir trotzdem herausnehmen, dass ich mich mit der Wirkungsweise der Medikamente besser auskenne, als du. Du hast es wahrscheinlich schon hundert Mal gehört, aber dein Körper muss sich an jeden fremden Stoff erst gewöhnen. Das heißt, dass du eine Reihe an Nebenwirkungen durchmachen wirst, aber das alles gilt nur für eine begrenzte Zeit. Es wäre absolut falsch bei den kleinsten Komplikationen bereits das Handtuch zu werfen. Wenn du allerdings wirklich der Meinung bist, dass dir eine bestimmte Tablette nicht gut tut, dann ja. Dann können wir gerne darüber reden und nach Alternativen suchen. Mein Ziel ist es, dass wir zusammen arbeiten, nicht gegeneinander." Ich wusste nicht genau, was es war, aber irgendetwas schien Nele in meiner Art zu überzeugen. Vielleicht hatte es auch einfach nur damit zutun, dass sie hier in einer geschlossenen Einrichtung saß und keine Wahl hatte, als mit mir zu kooperieren, wenn sie diese Räumlichkeiten in naher Zukunft verlassen wollte. Aber da war noch mehr. Mit jedem Gespräch wurde unser Vertrauen ineinander gestärkt, unser Verhältnis zueinander intensiver und Nele konnte sich immer mehr öffnen. Noch immer beantwortete ich bereitwillig jede Frage, die sie an mich stellte, und ebenso galt das auch für sie. Der Weg dahin war zwar langsam und steinig, aber wir machten tatsächlich jedes Mal kontinuierlich Fortschritte in ihrer Entwicklung und innerhalb kürzester Zeit fing ich an dieses Mädchen wirklich zu mögen. In der Ausbildung war es einer der wichtigsten Grundsätze, dass man zu jedem Zeitpunkt Berufliches von Privatem trennen musste und dass keinerlei Gefühle für einen Patienten erwünscht waren, weder romantische, noch freundschaftliche Emotionen. Ich verstand natürlich den Sinn dahinter und ich war mir eigentlich auch sicher, dass ich das sehr gut differenzieren konnte und mich niemals auf eine Beziehung oder eine Freundschaft mit einem Patienten einlassen würde, aber diese strikte Distanz- das war einfach nicht meine Art. Anfangs hatte ich dafür oft Kritik von meinem Chef einstecken müssen, auch dafür, dass mich meine Patienten beim Vornamen ansprachen, weil er der Meinung war das vermittle ein falsches Bild, doch innerhalb der letzten fünf Jahr hatte ich mich bewiesen und durchsetzen können. Meine Methoden wurden anerkannt und sogar gelobt. Für mich gehörte dazu eben auch diese emotionale, eher freundschaftliche Verbindung. Ich fühlte mit meinen Patienten mehr mit, als ich eigentlich sollte, und genau das hatte auch dazu geführt, dass ich Nele als Person wirklich schätzte. Weil sie sich eben in so einer schwierigen Situation befand. Als Nele mir nach ein paar Wochen ankündigte, dass ihre Mutter erneut zu Besuch kommen würde, motivierte auch ich sie sofort dazu, mit ihr gemeinsam in eine Therapiestunde zu kommen. Vielleicht hätte ich mir das zwei Mal durch den Kopf gehen lassen, wenn ich zuvor gewusst hätte, wie sich das auswirken würde, aber obwohl ihre Mutter schon bei unserem ersten, gemeinsamen Gespräch einen eher strengen Eindruck hinterlassen hatte, rechnete ich einfach nicht mit dem, was mich tatsächlich erwartete. Es schien als wäre diese Frau völlig desillusioniert. Als hätte sie sich nicht einmal bewusst mit der Krankheit ihrer Tochter auseinander gesetzt. Als verurteile sie Nele für all die Dinge, die man schon seit Jahren versuchte aus der Gesellschaft zu verbannen. Dass mentale Krankheiten nicht bedeuteten, dass man verrückt war, zum Beispiel. Dass man mentale Krankheiten nicht heilen oder behandeln konnte. Das war alles so überholt, dass ich sie ein paar Mal tatsächlich nur völlig überfordert und gleichermaßen geschockt anstarrte, bis mir innerlich der Kragen platzte. Äußerlich ließ ich das nicht zu, ich blieb in meiner ruhigen, freundlichen Haltung, aber in mir kochte die Wut. "Mrs. Hensley, wenn ich kurz- wenn ich kurz etwas dazu sagen dürfte-" Ich lehnte mich in meinem Sessel ein wenig nach vorne, blickte kurz auf meine Unterlagen, aber dann wieder entschlossen in das Gesicht der älteren Dame. Im Gegensatz zu ihr sprach ich aber in normaler Lautstärke und tat nicht so, als könnte Nele mich nicht hören, wenn ich nur leise genug flüsterte. "Es gibt Patienten, die dauerhaft in unserer Einrichtung leben, ja. Das ist etwas, das wir tun müssen, wenn Patienten eine Gefahr für sich selber oder für andere Menschen darstellen und es keine Möglichkeit zur Behandlung gibt, aber Ihre Tochter- Nele ist ganz weit davon entfernt. Sie macht unheimliche Fortschritte und ich bin wirklich sehr guter Dinge, dass wir ihr mit der Therapie und mit den Medikamenten ein geregeltes Leben ermöglichen können." Bewusst wandte ich mich wieder meiner Patientin zu, weil ich im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht über sie in der dritten Person reden wollte, während sie im Raum saß. "Ich will dich nicht anlügen - eine Ausbildung, ein Studium oder ein geregelter Job kann immer wieder zu Problem führen, aber ja, ich bin mir sicher, dass wir uns auf dem besten Weg dahin befinden, dass du dein Leben selbstständig meistern kannst. Das bedeutet auch, für dich selber zu sorgen. Du weißt, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, aber ich würde gerne in einer der nächsten Sitzungen mal die Optionen mit dir durchgehen. Jetzt ist es noch zu früh, aber sobald du entlassen wirst, könnte man eventuell ein ausgeweitetes Fernstudium in Betracht ziehen. Etwas, das dich nicht zu sehr anstrengt, aber deinen Kopf fordert. Vielleicht auch einen geringfügigen Nebenjob. Du bist definitiv in der Lage dazu." Damit hatte ich zumindest die Frage meiner Patientin beantwortet, die diese Farce überhaupt erst gestartet hatte, aber ich war noch lange nicht fertig mit ihrer Mutter und legte deshalb auch meine Unterlagen auf den Tisch vor mir, während ich gleichzeitig vom Sessel aufstand. "Nele, würdest du mich und deine Mutter für einen Moment entschuldigen? Ich würde gerne mit ihr unter vier Augen sprechen, wenn das für dich in Ordnung ist." Ich wartete so lange, bis ich ihre ausdrückliche Zustimmung erhielt - wir arbeiteten schließlich noch immer im Team, nicht gegeneinander -, erst dann bat ich ihre Mutter mit einer Handbewegung vor die Tür. RE: PSYCHIATRIE - Nele Hensley - 26.08.2015 15:20 Wenigstens nahm er ihr die Sorge, dass auch er der Meinung sein könnte, sie einfach weg zu sperren und das für immer, wäre eine gute Idee und die einzige Lösung. Obwohl die Augen ihrer Mutter einen ganz unangenehmen, hoffnungsvollen Schimmer in sich trugen, als sie von dieser Möglichkeit erfuhr. Als er ihr dann auch zusagte, man könnte sich – nach einem langen, beschwerlichen Weg – daran setzen, für Nele eine Form zu finden, doch noch einen Job aus zu üben und sie wieder etwas lernen konnte, vielleicht auch im die Leere in ihrem Leben zu füllen, wenn Zac nicht mehr darin Existierte, schüttelte seine Patientin nun nur den Kopf darüber. Ihre Mutter hatte doch Recht, das war nur mal wieder eine fixe Idee. Wenn Adam und sie alleine gewesen wären, die Sitzung wie gewohnt von statten gegangen wäre, dann hätte das in Nele so was wie Hoffnung auslösen können, mit gutem Zureden genauso wie mit Fallbeispielen vielleicht aber gerade kam sie sich ehrlich einfach nur Dumm vor, darüber auch nur nachgedacht zu haben. Weil ihr das alles über den Kopf wuchs, nickte sie nur dem Wunsch ihres Therapeuten zu, die beiden würden den Raum verlassen. Adam konnte auch nicht ahnen, dass ihre Mutter so erbost sein würde, sich von jemand anderem sagen zu lassen, wie sie mit ihrer Tochter besser umzugehen hatte – dass sie das auf direktem Wege vertreiben würde. Ohne sich von Nele zu verabschieden. Doch die junge Frau, die nun alleine in dem Raum geblieben war, hatte ohnehin ganz andere Sorgen. Das war zu viel für sie gewesen. Erst jetzt realisierte sie, sie würde Zac nicht mehr Wiedersehen und außerdem hatten ihre Eltern dafür gesorgt, dass sie die letzten Wochen das Gefühl hatte, sie wäre ihm mehr als egal. Selbst wenn sie gesagt hätte, sie wollte seinen Besuch nicht hätte sie zumindest gewusst, er hätte es probiert. Jetzt auch noch in ein fremdes Umfeld zu kommen, sie wusste nicht mal wo die Wohnung war und wie sie eingerichtet war, das fühlte sich so verschoben an und gar nicht ihrem Alter entsprechend. Als wenn man ein Kinderzimmer herrichtete, für einen Erwachsenen Menschen und irgendwie doch auch einen Käfig. Denn ihre Eltern wussten, wie viel Zeit Nele in ihrer Wohnung verbringen würde. Das sie auch noch eine Einkaufshilfe und Putzhilfe organisiert hatten, um ihr jegliche Pflichten zu nehmen, ahnte Nele nicht – das sagte die Mutter Adam vor der Tür als erstes, ganz Stolz. Sie würde hier raus kommen und sie würde ein tristes Leben weiter führen, nur eben ganz alleine. Das jagte ihr eine ganz komische Angst ein und auch wenn sie so gut voran gekommen war, wenn sie selber begonnen hatte, aktiv an dem harten Weg teilzunehmen – nicht zuletzt dank Adams Engagement. Jetzt brach diese Depression über sie hinweg wie ein Geröllhaufen. Aus einem Kurschluss heraus stand sie auf, ging zu dem Fenster und versuchte verzweifelt eines davon aufzureißen. Sie bekam keine Luft mehr, sie wollte hier raus, sie wollte weg. Das drückte alles so schwer auf sie nieder. Es war nicht mal ein fester Plan dahinter, dass es hier viele Stockwerke abwärts ging und deswegen die Fenster verriegelt waren. So, dass Nele nicht mal eine Chance hatte, als sie verzweifelt begann sich dagegen zu stemmen, daran zu rütteln. Wieder war nur sie selber der Grund, zu scheitern, weil sie zu schwach war und zu Unfähig. In diesem Rausch begannen die Tränen seid einer ganzen Weile wieder über ihre Wangen zu laufen, sie würde nie normal werden und sie würde nie klar kommen in diesem Leben. Was hatte das denn für einen Wert? Das hier war gerade ein verdammt krasser Rückschlag. Sie bezog das natürlich auf die Depression und wiedermal, dass diese gesiegt hatte, nicht aber darauf, dass es für eine Tochter einfach verletzend war, die Mutter so Reden zu hören und das Trauer da eine ganz normale Reaktion sein durfte. Selbst Nele begann, alle Gefühle auf die Krankhet zu schieben, keine eigenen Empfindungen mehr zu haben und diese Machtlosigkeit trieb sie zu solch extremen Handlungen. RE: PSYCHIATRIE - Adam Hudson - 27.08.2015 10:45 "Wir sind gleich wieder da", bereitete ich Nele auf eine kurze Wartezeit vor, durchquerte den Raum in Richtung des Ausgangs, ließ höflich ihre Mutter vorgehen und schloss hinter uns beiden die Tür, nichtahnend was gerade in diesem Moment in Nele brach und was das in ihr auslösen würde. Stattdessen sah ich der Frau in die Augen, die das zu verantworten hatte und die mich jetzt triumphierend anlächelte, weil sie unheimlich stolz darauf schien ihrer Tochter sogar eine Putz- und Einkaufshilfe besorgt zu haben. Etwas, das ihr nur mehr und mehr das Gefühl geben würde, alleine nicht zurecht zu kommen. Und genau das sagte ich ihr auch. In freundlichem, aber bestimmtem Tonfall teilte ich ihr mit, dass es der völlig falsche Weg war Nele jede Art der Arbeit abzunehmen und jede Art der Hoffnung im Keim zu ersticken. Sie war jetzt nunmal auf sich alleine gestellt, aber das sollte kein unüberwindbares Hindernis werden, sondern eine Motivation für sie. Nele war durchaus in der Lage sich selber um eine Wohnung zu kümmern, auch um das Einkaufen oder um das Putzen. Nicht jetzt, nicht wenn es so weiterging wie in den letzten Jahren, aber deshalb war sie ja hier und deshalb verbrachte ich so viel Zeit mit ihr und versuchte ihr zu helfen. Je mehr ich sagte, desto mehr steigerte ich mich aber auch hinein, weil ihre Mutter absolut kein Verständnis aufbringen konnte, sondern weiterhin auf ihren jahrelangen Erfahrungen mit ihrer Tochter beharrte. Und irgendwann verlor ich tatsächlich die Kontrolle über mein sonst so ausgeglichenes Gemüt. In hartem Tonfall machte ich der älteren Frau vor mir deutlich, dass sie Nele nicht mehr wie ein Kind behandeln durfte und wenn ihr das nicht gelang, dann wäre sie in dieser Klinik nicht mehr erwünscht, denn sie behindere dadurch massiv den Behandlungserfolg. Mir war jetzt schon bewusst, dass ihre Tochter durch dieses Gespräch in ihrer Entwicklung vermutlich weit zurück geworfen wurde. Dass wir Einiges aufzuholen hatten. Erst Recht, als Neles Mutter sich wutschnaubend von mir abwandte und - ohne sich von ihrer Tochter zu verabschieden - den Gang hinunter lief. Scheiße. Verdammte Scheiße. Diese Frau war Neles einzige enge Bezugsperson gewesen, ich hatte mich regelrecht darauf verlassen, dass zumindest ihre Mutter unter allen Umständen für sie da sein würde, aber so? Auf diese Art? Da war sie schon fast besser dran, wenn sie tatsächlich ganz allein und isoliert lebte. Die ganze Situation traf mich auch persönlich so hart, dass ich mir selber einmal fest über die Augen rieb, verzweifelt den Kopf schüttelte und erst mich selbst motivierend tief durchatmen musste, bevor ich die Türklinke zu meinem Büro wieder nach unten drückte, um mit Nele zu sprechen. Doch noch während ich die Klinke in meiner Hand hatte, hielt ich geschockt inne und starrte erschrocken in Richtung des Fensters, an dem sie verzweifelt rüttelte. So als suche sie einen Ausweg, ganz egal ob der in einem Sturz aus mehreren Metern Höhe endete. Die Fenster hier waren natürlich nicht umsonst verriegelt, deshalb bestand keine wirkliche Gefahr, aber trotzdem stürzte ich auf das weinende, verzweifelte Mädchen zu. Unter normalen Umständen hätte ich in diesem Moment nach Hilfe rufen müssen, damit ihr ein Pfleger ein Sedativum verabreichen konnte, aber aus irgendeinem Grund, den ich selber nicht verstand, tat ich das nicht. Vielleicht wollte ich sie einfach nicht ruhig stellen lassen und ihr diese Gefühle nehmen, zu denen sie doch eigentlich berechtigt war. "Nele-", sprach ich sie mit sanfter, beruhigender Stimme an und brach im selben Moment auch eine weitere Regel: Keinen Körperkontakt. Das Höchste, was man akzeptierte, war eigentlich ein steifes Tätscheln des Unterarms eines Patienten, aber ich legte von hinten meine Hände auf Neles Schultern, ließ sie bis auf ihre Oberarme hinab sinken und drückte dort angekommen sanft meine Finger in ihre Haut. "Kannst du mir erklären, was dir gerade durch den Kopf geht?" RE: PSYCHIATRIE - Nele Hensley - 27.08.2015 13:20 Nele hörte nicht mal, wie sich die Tür wieder öffnete, Adam auf sie zustürzte und sogar ihren Namen in den Mund nahm. Sie war wie im Rausch, als sie sogar einen Fuß gegen die Wand stemmte und ihr Körpergewicht fast gänzlich an dem Hebel des Fensters hing. Nur diese Berührung schaffte es, dem Therapeut ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Es war immer ein Drahtseilakt ob es sie Beruhigte, wenn sie jemand anfasste oder ob es sie noch mehr Aufregte. Besonders bei jemand Fremden – denn wie lange das wohl her sein mochte, das jemand anderes als Zac oder ihre Mutter sie bewusst angefasst hatte. Langsam lösten sich ihre Muskeln, als Adam seine Finger in ihre Haut drückte und sie stellte den Fuß ab und hielt nur noch den Griff umklammert. Jetzt würde gleich jemand rein kommen und die Irre mit einem Medikament ruhigstellen, wie man das in den Filmen immer sah, da war sie sich ganz Sicher. Solange nutzte sie aber die Gelegenheit und wie eine Flut brach aus ihr heraus, was sie in sich hatte und als wäre es ihre letzte Chance, es jemand anderen Wissen zu lassen. „ Ich werde niemals alleine klar kommen in dieser Welt. Ich werde immer irgendjemandem eine Last sein. Geld kosten. Sorgen machen. Daran Schuld sein, dass es jemandem schlecht geht. Ich bin verrückt und dumm, zu Glauben, ich käme Zurecht... ich gehöre hier gar nicht her.“ Damit meinte sie die Welt und auch wenn sie so weit gekommen waren in der Therapie, das hier deutete Zuerst auf einen weiten Stoß nach hinten. Dann begann Nele aber weitere Gefühle in sich zu finden, die wenigstens auf den richtigen Weg hindeuteten. „ Ich will nicht alleine in dieser Wohnung gefangen sein – wenn ich hier raus komme, wo ich nicht mal weiß, wie sie aussieht und wo sie ist. Ohne Zac wird das wie ein Käfig sein nur... noch einsamer – jeden Tag das selbe Schema. Die einzige Hoffnung ist, dass mich da in ein paar Monaten bei der neuen Depression keiner findet.“ Immerhin verstand sie, dass das Phasenabhängig war. „ Wenn doch, dann werde ich weg gesperrt – wie viel Sehnsucht meine Mutter hatte, als du ihr gesagt hast, es gibt solche Einrichtungen und am liebsten würde sie mich da jetzt schon rein schicken. Wie ein Kind in einem Laufstall. Überwacht und nicht in der Lage sich selber zu Befreien.“ Nele sprach nicht ruhig sondern abgehetzt, unter Tränen und immer wieder schnappte sie Verzweifelt nach viel Luft auf einmal. Bis ihr Körper dann in Adams Armen nachgab, alle Spannung verschwand und wie sie so oft vor Zac zusammengesackt war, passierte das nun hier und sie landete vor seinen Füßen, krallte ohne Effekt die Finger, nach halt Suchend, in den Boden. „ Ich wollte Zac nicht sehen aber ich wollte... ihm doch das Gefühl geben, es sei mein Wunsch und mein Wille und nicht, dass er denkt, ich würde ihn nach allem Vermissen, was er mir angetan hat. Sehnsüchtig darauf warten, dass er kommt.“ Sie hatten in den Sitzungen erarbeitet, dass es nicht ihr zur Last zu legen war, dass ihr Freund ihr Fremdgegangen war um statt Selbsthass auch Wut darüber freizusetzen. „ Ich fühle mich als bekomme ich keine Luft mehr hier drinnen und will weg, woanders sein, am liebsten überall nur nicht mehr in mir selber. Das ist so Anstrengend und so Mühsam.“ Ihre Stimme wurde immer leiser gegen Ende, weil sie danach keine Worte mehr übrig hatte. Stattdessen keimte Panik in ihr auf „ Ist... wo ist meine Mutter? Ich will nicht... das sie das sieht und ich will auch nicht... das sie sieht wie mich gleich jemand in mein Zimmer bringt als wäre ich ein kranker Zombie.“ scheiße, das hätte sie sich vorher denken sollen. Statt gegen den Boden presste sie nun die Hände zu Fäusten geballt gegen ihre Stirn, so fest sie nur konnte. Sie würde Nele vom Fleck weg mit nach England nehmen. RE: PSYCHIATRIE - Adam Hudson - 27.08.2015 20:24 Es traf mich wie ein Schlag, was da alles auf einmal aus Nele heraus brach. All diese traurigen Emotionen, diese Perspektivlosigkeit, diese Angst und die Verzweiflung in ihr. Man sollte meinen, dass man als Therapeut tagtäglich damit konfrontiert wurde, aber das war nicht so. Nicht in diesem Ausmaß. Oft redeten Patienten so wie in unseren Stunden zuvor: Ruhig und als wären sie gar nicht wirklich anwesend. Aber nur ganz selten geschah es, dass man wirklich so einen Ausbruch der Gefühle mitbekam. Ich hatte absolut keinen Zweifel daran, dass Nele aus diesem Fenster gesprungen wäre, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte es zu öffnen. Ohne zu Zögern. Eigentlich hieße das, dass wir uns gerade wieder ganz am Anfang unserer Therapie befanden, vielleicht war das auch so, aber darüber hinaus hatte ich dadurch einen Einblick in ihre Gedanken, den ich unter anderem Umständen so nicht bekommen hätte und auf eine gewisse Weise half das. Das waren Dinge, auf die ich in der Therapie zurückgreifen konnte und auch musste. Dadurch wusste ich, wo ihre tiefsten Ängste saßen. Jetzt gerade war das alles aber völlig unbrauchbar, denn in einem so verzweifelten Moment wie diesem gab es selten ein Durchkommen zu den Patienten. Da waren sie so in sich festgefahren, dass sie einfach nicht die Möglichkeit hatten Ratschläge anzunehmen. Deshalb blieb mir auch gar nichts anderes übrig, als sie einfach nur mit meinen Händen zu stützen, denn ich hatte deutlich gespürt, dass diese Berührung diesen Ausbruch ihrer Emotionen begünstigt hatte. Als Nele vor mir auf den Boden sank, ging auch ich in die Knie, ließ zu keinem Moment ihre schmalen Schultern los, versuchte ihr dadurch Kraft zu geben und erst, als ihre Worte langsam versiegten, erhob ich wieder meine Stimme. "Deine Mutter ist gegangen. Und ich glaube auch, dass das- im Moment besser so ist", sagte ich ihr mit ruhiger Stimme, hoffte darauf, dass auch ihr damit eine Sorge genommen wurde. Hier auf dem Boden war ich ihr auf einmal so nah, dass meine Brust beinah ihren Rücken berührte. Wie aus Instinkt löste ich den Druck meiner Finger ein wenig, ließ meine Hände an ihren Oberarmen hinabsinken, aber schrak plötzlich zusammen, als ich eine männliche Stimme hinter mir hörte. Was ist passiert? Soll ich jemanden holen?, fragte einer meiner Kollegen erschrocken, der das hemmungslos weinende Mädchen dort sah und mich, ganz nah bei ihr, die Hände noch immer stützend an ihrem Körper. "Nein!", erwiderte ich entschieden, wandte dabei kurz meinen Kopf über die Schulter, um ihn anzusehen. Wenigstens diese Last wollte ich Nele nehmen. Verhindern, dass man sie schon wieder medikamentös ruhig stellte. Aber ich merkte erst danach - als ich sah, wie mein Kollege mich anstarrte - wie viele Grenzen ich damit überschritten hatte. Ich verstieß nicht nur mit diesen unprofessionellen Berührungen gegen die Vorschriften, sondern versuchte auch noch mich dem zu widersetzen, indem ich vom Protokoll abwich und nicht das nötige Beruhigungsmittel verabreichen ließ? In mir fühlte es sich so richtig an Nele zu beschützen, so gut ich eben konnte, aber gleichzeitig wusste ich, dass es falsch war. Und mir blieb nichts anderes übrig, als doch resignierend in die Richtung meines Kollegen zu nicken. "Doch, hol bitte Hilfe", sagte ich ruhig. So schwer es mir auch fiel, widerwillig nahm ich dabei auch meine Hände von Neles Schultern. "Es tut mir Leid. Ich weiß, dass du das nicht willst, aber- gleich geht es dir besser, okay? Ich- hätte dir das gerne erspart. Du bist nicht- verrückt, Nele." RE: PSYCHIATRIE - Nele Hensley - 27.08.2015 22:12 Nele konnte durch die Hände auf ihren Schultern spüren, dass Adam die ganze Zeit bei ihr war. Sie selber wusste ja nichts von den Regeln und Vorschriften eines Therapeuten und selbst wenn, sie hätte sich darum gerade keine Gedanken gemacht. Das was er tat, war das, was Zac Jahrelang getan hatte und deswegen war ihr Empfinden auch positiv. In diesem Momenten half es ihr, weil es Verhinderte, mehr Hass auf sich zu Entwickeln. Das ihre Mutter weg war, das verschaffte noch mehr Erleichterung. Wenn sie da war, dann war Nele innerlich ganz Angespannt und versuchte so Perfekt wie nur irgend Möglich zu sein, so wie früher – für jemanden, der sich kaum gegen seine Stimmung wehren konnte, war das schwer. Die Urlaube mit ihr, die Besuche, das war immer eine Herausforderung aber sie schrieb immer sich die Unfähigkeit zu. Sie liebte ihre Eltern beide und keiner der beiden handelte in ihren Augen falsch. Weil sie aber nicht mehr hier war, konnte sie sogar noch weiter los lassen und Adam so das gnadenlose Vertrauen spüren lassen, was er sich Aufgebaut hatte. „ Meine Eltern haben so etwas wie mich nicht verdient. Ich wünschte, sie hätten eine andere, bessere Tochter... und nicht ein instabiles, abstoßendes Wrack.“ Der Selbsthass war so greifbar und dieser Rückschlag auch für Nele so Entmutigend. Während sie den Kopf schüttelte, einfach nur hemmungslos weinte, wurde ihr Herz so schwer – sie war vielleicht auch etwas zu Optimistisch gewesen in der letzten Zeit. Ihr Therapeut hatte ihr immer wieder gesagt, Rückschläge würde es Sicher geben. Adam war aber da und er würde ihr Helfen, er hatte ihr gesagt, er würde mit ihr zusammen arbeiten. Sie saß zusammengekauert auf dem Boden, ihr Körper zitterte schon unter dem Ausnahmezustand als eine Stimme von draußen ganz leise zu ihr durchdrang. Hilfe? Sie hatte doch verdammt nochmal Hilfe! Auch Adam drückte das zuerst ganz klar aus, bis er nachgab – und Nele sich fragen musste, was hieß Hilfe in ihrer momentanen Situation? Das, was sie Befürchtet hatte und ihr müder Körper verkrampfte sich erneut. „ Nein... ich will... das nicht. Wenn ich nicht verrückt bin, darf ich doch über meinen eigenen Körper entscheiden, ich sage... nein. Nein!“ Nicht schon wieder, nichts Fühlen und Denken. Einfach nur dasitzend wie eine lebendige Tote. Adam wollte sie davor Bewahren aber er sagte zur selben Zeit, es würde ihr gleich besser gehen? Es täte ihm Leid? Er nahm auch die Hände von ihr und es fühlte sich an, als würde ihr jemand einen weiteren Schubs in das Loch der Einsamkeit geben. Warum hatte sie keine Kraft zu Flüchten? Warum blieb sie am Boden kauernd? Warum war das verdammte Fenster nicht einfach aufgegangen? Das alles fragte sie sich, bis die Pfleger kamen, sie festsetzen und ihr das Beruhigungsmittel verabreichten. Bis sie am Ziel waren, war der ungleiche Kampf grausam mit anzusehen. Zwei Männer die die junge Frau dazu zwingen mussten, sich ihnen zu ergeben – während sie sich mit allem wehrte, was sie hatte. Sie Trat und Schlug um sich, sie Schrie so Laut sie konnte bis dann Stille eintrat. Bis die Medikamente ihren Sinn erfüllten und man Nele in ihr Zimmer brachte. In den nächsten drei Tagen musste das so weiter gehen weil sie aus der Situation nicht wieder rauskam, wenn sie von den Medikamenten runter kam, Rastete sie aus und wurde erneut fixiert und Betäubt. Ganz erschlagen davon am vierten Tag, benahm sie sich Unauffällig. Das war auch der Tag in dem der Pfleger, der Nele und Adam auf dem Boden hatte sitzen sehen, fragte ob ihr Therapeut ihr zu nahe gekommen sei. Sie könne das ruhig sagen. Das war so Abwegig, wie sie fand, sie verneinte das und vermutlich hätte sie sich über die Frage geärgert, wenn sie nicht so Müde gewesen wäre. Die Therapie musste so auch pausieren. Adam würde sicher auf dem laufenden Gehalten, was mit Nele los war und so Schämte sie sich bei ihrem Besuch danach. Weniger motiviert und viel düsterer mussten Patient und Therapeut wieder Anfangen – Außerdem wusste Nele nach diesem Tag nicht mehr, was sie von ihm halten sollte. Das zog sich vier Wochen bis Nele auf einmal mit einem Übermut zu Adam in den Raum kam. Sie strahlte Regelrecht, sie war ganz Aufgekratzt und Redete viel zu schnell und viel zu viel – manchmal fehlten die Zusammenhänge. Ganz deutlich die Symptome einer Manie und so schwer das auch war, nun mussten sie daran Arbeiten, sie ruhiger zu Stellen – Ausgeglichener. Jetzt wurde es aber auch schwerer sie von den Medikamenten zu Überzeugen. Wenigstens machte sie nun alles mit, probierte jedes Angebot aus und war kaum zu Ermüden. RE: PSYCHIATRIE - Zac William Coles - 30.08.2015 12:56 Einige Wochen waren bereits vergangen, seitdem Nele versucht hatte sich selber das Leben zu nehmen, und demnach auch einige Wochen, in denen ich sie nicht ein Mal gesehen hatte. Noch immer versuchte ich verbissen ihre Eltern zu kontaktieren, rief gnadenlos regelmäßig bei ihnen an und fragte, wie es ihr ging, wo sie war und wann ich endlich mit ihr sprechen konnte. Oft nahm ihre Familie gar nicht mehr ab, wenn sie meine Nummer auf dem Display lasen, und wenn sie es doch taten, dann folgten nur wüste Beschimpfungen und Vorwürfe, weil sie mir noch immer die Schuld an allem gaben, was passiert war. Ich konnte es ihnen nicht verübeln, ich sah die Schuld darin schließlich auch noch in mir selber und in meinem Verhalten ihr gegenüber, aber wenigstens hatte ich in den letzten Wochen gelernt damit zu leben. Ich trainierte wieder mit meinen Jugendlichen, arbeitete zuverlässig im Zentrum, nahm auch das Training mit Lahja wieder auf und kümmerte mich um mein Studium. Eigentlich verlief mein Leben wieder in geregelten Bahnen, aber innerlich fühlte sich das alles noch an, als wäre es erst gestern geschehen. Die Sorge um Nele war alltäglich und jedes Mal, wenn ich angerufen wurde, blieb mein Herz für einen kurzen Moment stehen. Weil ich Angst davor hatte, dass sich jemand bei mir meldete, um mir zu sagen, dass sie erneut versucht hatte sich das Leben zu nehmen. Diesmal erfolgreich. Es war absurd, schließlich war mir unterbewusst schon klar, dass irgendjemand auf sie achten würde - entweder ihre Eltern oder sie war in einer Klinik oder zumindest in Behandlung bei einem Therapeuten - aber ich fühlte mich nicht sicher, solange ich nicht mit eigenen Augen sehen konnte, dass es ihr den Umständen entsprechend gut ging. Neles Eltern hatten zwar versucht ihre Tochter von einem Tag auf den Nächsten komplett aus meinem Leben zu reißen, indem sie unter anderem auch all ihre Sachen aus unserer gemeinsamen Wohnung räumen ließen und mir im selben Zug auch sagten, dass sie von jetzt an keine Miete mehr zahlen würden - was im Umkehrschluss hieß, dass ich die Wohnung kündigen musste, weil ich allein niemals in der Lage wäre die Kosten zu stemmen - aber obwohl sie damit so penibel gewesen waren, hatten sie wohl eine Sache vergessen. Vor ein paar Stunden, als ich morgens den Briefkasten geöffnet hatte, lag ein Brief darin, adressiert an Nele, den ich sofort aufriss. Das war zwar nichts Ungewöhnliches, ein paar Briefe waren in den vergangenen Wochen noch für sie gekommen, hauptsächlich Werbung, aber das hier war anders. Das sah so wichtig aus. Und als ich den Zettel aufklappte stellte ich fest, dass es das auch war. Die monatliche Abrechnung einer psychiatrischen Klinik, etwas außerhalb des Stadtzentrums hier in Los Angeles. Mein Herz begann zu rasen, während ich mir diese Zeilen immer und immer wieder durchlas, und dann nahm ich kurzerhand mein Handy aus der Tasche, um alle eigentlichen Verpflichtungen für den heutigen Tag abzusagen. Stattdessen fuhr ich direkt dorthin, ohne genau zu wissen, was mich dort erwarten würde oder ob Nele überhaupt bereit wäre mit mir zu sprechen, aber es war doch meine einzige Chance. Mein einziger Anhaltspunkt. Es brauchte etwa eine geschlagene Stunde in diversen Bussen, bis ich vor einem großen Gebäudekomplex ausstieg und durch eine ordentlich gepflegte Grünanlage auf den Eingangsbereich zuging, wo ich direkt von einer freundlichen, aber etwas überarbeiteten Dame begrüßt wurde. In knappen Worten schilderte ich ihr meine Situation oder besser gesagt, nur den Teil davon, der mich in einem guten Licht dastehen ließ. Ich stellte mich als Freund einer Patientin vor und sagte der Dame, dass ich sie besuchen wollte, ganz so einfach war das hier aber natürlich nicht. Da war ich drauf eingestellt. Sie sagte mir, dass ich nicht auf der Besuchsliste stände, aber dass ein Pfleger Nele fragen würde, ob sie mich trotzdem empfangen wollte, wie nochmal mein Name sei. Einfach aus der Panik heraus schnell den Namen einer männlichen Person zu finden, die sie bestimmt gerne sehen würde, nannte ich den Vornamen ihres Vaters und wartete danach mit verschränkten Armen an einer Wand gelehnt, dass sich etwas tat. Etwa zehn Minuten später kam ein junger Pfleger lächelnd auf mich zu, sprach mich in dem Namen von Neles Vater an und sagte mir, dass sie sich freuen würde mich zu sehen. Wahrscheinlich würde das nicht lange anhalten, auch darauf war ich eingestellt, aber verdammt, ich musste mich doch wenigstens kurz vergewissern, dass es ihr- irgendwie gut ging. Wenigstens das, wenn ihre Eltern sogar darüber schwiegen und während unserer Telefonate nicht einmal bereit waren mir die Sorgen zu nehmen. Durch ein paar Gänge hindurch führte der Mann mich zu einer Tür, die nur schwach angelehnt war, klopfte dagegen und streckte seinen Kopf in den Raum hinein. "Nele, dein Besuch ist da. Viel Spaß", sagte er in einer freundlichen Singstimme und ich war mehr als froh, dass er sich sofort wieder umdrehte und den Gang hinunter lief, bevor sie mich überhaupt gesehen hatte und dadurch feststellen konnte, dass ich nicht der war, für den sie mich hielt. Deshalb wagte ich mich auch erst zwei Schritte in den Raum hinein, als er um eine Ecke gebogen war. Das verschaffte mir mehr Zeit mit ihr. "Bitte-", war das Erste, was ich zu ihr sagte, mit entschuldigend erhobenen Händen. "Lass mich bitte mit dir reden und schick mich nicht sofort wieder weg." RE: PSYCHIATRIE - Nele Hensley - 30.08.2015 20:03 Nele war in dieser Phase ihres Lebens wie eine andere Person, einfach ausgewechselt und das auf eine Grund positive Art und Weise. Während noch vor zwei Wochen zwei Männer in das Zimmer von Adam stürmen mussten, weil sie durch den Stress mit ihrer Mutter wieder in ein so tiefes Loch gefallen war, dass man in Erwägung ziehen musste, sie würde einen erneuten Suizidversuch unternehmen war davon nichts mehr übrig. In den Sitzungen saß sie nur vor Adam und berichtete davon, was sie alles für Ideen in ihrem Kopf hatte für ihr neues Leben. Es war zwar Nervenaufreibend, denn sie blieb kaum mehr als fünf Minuten bei einer Sache und wechselte wieder das Thema und das erschwerte es Adam auch mit ihr an der Medikation und der weiteren Therapie zu arbeiten aber es war eben auch einfach schön, sie so zu sehen. Mit einem Lächeln auf ihren Lippen, mit einem Lachen über einen komischen Vorschlag oder mit dem leuchten in den Augen wenn sie von ihrer Heimkehr in die Welt sprach. Jeder würde sich für einen Menschen freuen, der eine solche Geschichte wie sie hatte. Egal, wo das mit einem mal herkam. Deswegen waren aber auch die Themen, die sie auf die Knie gezwungen hatten, wie ihre Selbstzweifel, diese fremde Wohnung und auch Zac aber auch gänzlich aus ihren Sitzungen verschwunden. Selbst wenn Adam sie anschneiden wollte, sie würde da nicht lange bleiben und das alles positiv Reden. Vor einigen Minuten hatte sie ein Pfleger gefragt ob sie Besuch empfangen wollte, Nele fragte, wer es denn sei – sie konnte sich niemanden Vorstellen. Als der Vorname ihres Vaters viel, freute sie sich und stellte keine Hintergrundfragen. Er war hier und er wollte sie sehen, egal, ob ihre Mutter schon seid dem abrupten verschwinden Kontakt zu ihr wollte oder nicht. Doch in der Zeit, in der ihr Pfleger Zac abholte, vergaß sie das schon wieder – sie war so leicht Abgelenkt. Die Medikamente hatten noch keinen geeigneten Mittelweg erreichen können und in der Phase der Einstellung verschlimmerten sie ihre diffusen Glücksgefühle nur. Also drehte sie die Musik auf, weil ein Stück kam, was sie schon immer gerne gehört hatte und was sie an die Jugend erinnerte um sich leicht dabei zu Bewegen und sie einfach durch ihr Zimmer tanzte. Auf dem Tisch lagen einige, angefangene Bilder aus der Maltherapie. Wenigstens die Werke durfte sie mitnehmen, in ihrem Zimmer durfte sie nicht weiter daran arbeiten weil sie vom Spitzer bis zum Buntstift nichts in ihren vier Wänden haben durfte. Sie könnte sich damit Verletzen. Aber warum sollte sie? Da standen auch noch andere Dinge herum, getöpfert hatte sie, einen Batik-Workshop hatte es gegeben und Nele hatte alles in sich aufgesogen und mitgemacht. Eines der bunten Tops hatte sie nun auch selber an, weil sie das auch endlich aus den einfarbigen Shirts raus brachte, die ihre Mutter für den Klinikaufenthalt besorgt hatte. Es sah aus wie Gefängniskleidung und Nele hatte ihre eigenen Sachen seid dem Suizid nicht mehr zu Gesicht bekommen. Bestimmt war alles eingeräumt in die neue Wohnung. Auf dem Nachttisch lagen sogar Bücher und es gipfelte ein Studienberater, den sie sich hatte mitbringen lassen, man probierte jeden Impuls der Hoffnung zu Fördern. Bisher hatte sie nur noch nicht die nötige Konzentration, sich damit zu befassen, es war doch alles so Aufregend und Spannend und Interessant. Sie warf gerade die schwarzen Haare nach hinten, nachdem sie sich dem rockigen Part hingegeben hatte als eine Stimme ertönte. Achja, der Besuch. Mit einem offenen Lächeln sah sie zur Tür und dann jemanden, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Was sollte sie tun? Wäre er in ihrer Depression gekommen, wäre sie nun wohl erneut Zusammengebrochen und hätte ruhig gestellt werden müssen, sie hätte sich das selber zugeschrieben, verrückt zu sein und nicht mit Zacs auftauchen klar zu kommen aber so? So reagierte sie aus dem Herz heraus und ging auf ihn zu, drückte ihn fest „ Hey, mit dir habe ich nicht gerechnet. Was für eine Überraschung. Meine Ma hat gesagt, ich würde dich nicht wiedersehen.“ Ob das besser oder schlechter wäre, wusste sie nicht und darüber dachte sie auch gar nicht nach. Genauso wie sie nicht an den Seitensprung dachte. „ Wie geht es dir?“ Abwegig, dass sie das fragte, in der Situation – Verrückt könnte man das nennen aber nicht für Nele – Euphorisch sah sie ihm in die Augen, musterte ihn von oben bis unten als sie die Hände in die Hüfte stemmte. Sie strahlte in dieser Pose nur vor Selbstbewusstsein. |