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RE: SQUAT HOUSE - Lahja Emilia O'Neill - 07.07.2016 00:22

Lahja hatte zu den zarten Berührungen immer ein ganz anderes Verhältnis als zu den groben und schnellen. Sie würde das auch nicht Werten aber als sie nun von Noah endlich so zärtlich berührt wurde, wie gerade, da zog sich das wie ein kribbeln durch sie hindurch und es bildete sich eine Gänsehaut dort, wo seine Finger erstmals ihre Haut wieder trafen. „ Ich habe erstmals geschafft, dass etwas mit mir einfacher ist... als zunächst angenommen? Das ist krass, das ist mal neu... krass.“ Sprach sie mit einem Lächeln gegen seinen Kopf, den er Nahe bei ihr platziert hatte, Sie richtete sich etwas auf aber das nur, um sich ihm entgegen zu drehen und ihm gegenüber offener liegen zu können. Ihre Mühe waren angekommen, dass verrieten seine Worte und sie konnte nun sagen, dass sich das halten würde aber wie er schon Anschnitt, konnten da nur Taten folgen und sie konnte es ihm zeigen, durch Beharrlichkeit, dass sie sich nicht nur gerade im Moment zusammen riss. Klar hätte sie nun auch noch Dialoge dazu sprechen können aber um ehrlich zu sein, wenn Noah das auch nie so sagen würde, auf Worten musste man eben auch zeigen, dass es einem Ernst war. Lahja konnte noch nicht ahnen, dass sie sehr bald auf eine krasse Probe gestellt würde aber diese Nacht würde ihr die Entscheidung einfacher machen. Weil sie sich Noah endlich mal wieder Nahe fühlte, wenn sie eher probierte, ihn zu verstehen – als ihren Dickkopf ihm gegenüber einfach durchzusetzen. „ Ich werde... ganz bestimmt auch noch mal Fehler machen...“ nuschelte sie behutsam gegen seine Schläfe, auch dessen wäre er sich aber bewusst, Hoffentlich. Sie wollte ihm nicht wieder so Respektlos gegenüber benehmen aber Lahja war noch immer Impulsiv. Sie würde auch bestimmt nochmal Wütend werden in ihrem Leben aber nicht jetzt, gerade durchzog sie nur ein Vertrautes kribbeln, ausgehend von den Körperstellen, an denen die beiden sich sanft Berührten. „ Ich habe... das auch alles unheimlich vermisst Naoh. Du hast mir sehr gefehlt und... das fühlt sich gerade so... gut und richtig an.“ Diesmal war sie es, die ihre Hand an seinen Nacken schob und keiner gab hier das Kommando, es führte eher eines zum anderen, dass die beiden nach und nach ihre Kleider vom Körper des anderen schoben. Das mehr und mehr nackte Haut sich berührte und die Lippen die salzige Haut des anderen erkundeten. Lahja hatte auf der Tour nie die zarten und kleinen Gesten eines Mannes zugelassen, nach dem Prozess und nach dem neuerlichen Selbsthass, war das schwer für sie. Mit der Zeit, sich Gedanken zu machen, wie auch Chris sie so sanft und doch so falsch angefasst hatte, konnte sich Panik in ihren Kopf mischen und manchmal musste sie auch noch nur die Arme um Noah schießen, ihre Nase an seiner Schulter oder Halsbeuge versenken und Wissen, dass er es war, der hier bei ihr war. Diese Vergewaltigung hatte Narben hinterlassen, es war unglaublich schwer, sich an dieser Stelle vorzustellen, dass es Menschen gab, die das Leugneten. Oder wenn man in ihre verunsicherten Augen sah, nachdem die beiden erschöpft in den Kissen lagen, den Noah aber gekonnt zum schweigen bringen konnte. Statt an die Decken, kuschelte sie sich an ihren... wieder Partner? Und schloss die Lider einen Moment, bis aus dem Moment ein ruhiges Dösen und dann ein schlafen wurde.

So lange bis unsanft das Handy ging. Die Notfall Nummer, unter der Kilian und Lahja sich geeinigt hatten, dass wenn etwas wichtiges anstand, er ihr damit auf den Keks gehen durfte -immer und egal wann. In ihrem Leben war das tatsächlich wichtig, Kilian hatte sich auch noch nie gewagt, sie zu seinen Zwecken zu missbrauchen. Er wusste, dann würde sie diese Nummer nicht dauerhaft auf Laut stellen. Es war mittlerweile schon wieder Abend, verschlafen nahm sie den Hörer ab aber von Sekunde zu Sekunde wurde sie wacher. Gestern - Chris wurde getötet – auf dem Konzert von irgendeiner Band, die Kilian nichts sagte aber Lahja schon. Wenig später rief sie den Zeitungsartikel auf, es hatte natürlich die Runde gemacht und sie dachte nach. In Sekunden gingen ihr Tausend Emotionen durch den Kopf, eher sie Noah wach schüttelte... „ Noah, du... du musst schnell wach werden.“ Das war leichter gesagt als getan aber sie vermutete, so schnell wie sie, würde auch er aufwachen bei der Nachricht, die seine Lippen verließ und zwar das Aiden ihn umgebracht hatte. Aiden hatte gestern brutal Chris auf einer Show umgebracht, vor den Augen vieler Zeugen. Vielleicht wegen dem Mafia Anschlaf bei Matts Widergeburt, kam sie so schnell daurauf. „ Ich sage das nicht gerne aber jetzt... hat Apple niemanden mehr und mir... mir fällt gerade ein Stein vom Herzen.“ Das klang total verrückt und... Lahja stand absolut neben sich. Sie freute sich, dass ein Mensch Tod war aber sie wusste, für sie wäre es Horror wenn Kilian nicht mehr am Leben wäre-


RE: SQUAT HOUSE - Noah Scott - 07.07.2016 16:22

Nach dem heutigen Morgen, nachdem ich Lahja wieder so nah gekommen war, fühlte es sich endlich so an als würde alles wieder gut. Es fühlt sich richtig an neben ihr zu liegen, langsam über ihren Arm, ihre Schulter, ihre Hüfte zu streicheln, ihren Atem auf meiner Brust zu spüren, ihr Geruch in meiner Nase, der gemeinsam mit einem Joint meine Sinne benebelte. Der ganze Druck wegen Apples Lügen fiel endlich von mir ab, genauso wie die Sorge um sie, stattdessen war da nur Zufriedenheit in mir. Vielleicht hatte ich das einfach gebraucht, um mit ihr abzuschließen. Vielleicht war ich viel eher derjenige, der jemanden an seiner Seite brauchte, und sich falsch fühlte, wenn da keiner war. Keiner, den ich lieben konnte. Dass ich mich nicht nur deswegen auf Lahja einließ war gar keine Frage, ich liebte sie, seit Jahren schon, sie war nicht nur Mittel zum Zweck, aber ich merkte in diesem Moment auch, dass ich die Beziehungen in meinem Leben vielleicht nie ganz voneinander trennen konnte. Dass Lahja auch Einfluss auf Apple hatte und Apple Einfluss auf Lahja. Dass es einfacher war ohne Lahja zu sein, wenn es stattdessen eine andere Frau in meinem Leben gab, genauso wie es einfacher war ohne Apple zu sein, wenn ich all meine Liebe wieder Lahja schenken konnte. Würde das zu einem Problem werden? Oder war das einfach menschlich? War das okay? Über den Gedanken schlief ich irgendwann ein, so tief und ruhig wie schon lange nicht mehr, weil sich die Nähe einer anderen Person so positiv auf mich auswirkte, und wurde erst wieder wach, als diese Entspannung auf einmal grob zunichte gemacht wurde.
Chris? Apple? Aiden? Was? Ganz verschlafen sah ich Lahja ins Gesicht, richtete mich im Bett auf, rieb mir über die Augen und versuchte abwesend ihre Worte in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen, während ich mich noch zwischen Schlaf- und Wachzustand befand, aber irgendwann- irgendwann verstand ich. "Chris ist tot?!" Fassungslos starrte ich auf das Handy, das Lahja mir entgegen hielt, und auf den Zeitungsartikel, den sie darauf geöffnet hatte. Aiden hatte Chris brutal getötet? Er war tot? Er war wirklich tot? Aber- Apple? Haily? Mein Kopf war ganz durcheinander und mein Blick völlig verloren, als ich Lahja wieder in die Augen sah. Diese verschiedenen Emotionen in mir, die waren so unglaublich absurd, dass ich anfangs gar nicht reagieren konnte, genauso wenig wie sie. Da war unbändige Erleichterung, fast schon Freude darüber, dass dieser Mensch nie wieder jemandem etwas antun konnte und dann- dann war da auf einmal auch Apple in meinem Kopf. Wer war denn jetzt für sie da? War sie wieder ganz alleine? Würde das Jugendamt nach ihr suchen? Sie würde doch nicht-?! Sie durfte nicht- Sie gehörte nicht auf den Strich. Da durfte sie nicht wieder hin. Scheiße. Und Haily. Was machte Haily? Wie würde sie damit umgehen, dass Aiden jemanden getötet hatte? Mein Kopf schmerzte auf einmal so sehr, dass ich mir hilflos die Hand gegen die Stirn drückte, den Blick ziellos in der Bettdecke verlor und völlig überfordert versuchte meine Gefühle zu ordnen. Fuck! "Ich--" Und wieder sah ich hilfesuchend in Lahjas Gesicht. Warum dachte sie überhaupt an Apple? Warum war das ihre erste Aussage? "Was machen wir denn jetzt?" So als hätte ich auf einmal eine Eingebung, stand ich eilig aus dem Bett auf, zog mir meine Boxershorts an, griff nach einem T-Shirt und dann nach meinem Handy, um nach langer Zeit erneut die Nummer von Apple zu wählen. Vergeblich. Verdammte Scheiße! "Ehrlich Lahja, was machen wir jetzt?" Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich unbedingt zu ihr musste. Dass ich für sie da sein musste. Aber vielleicht- vielleicht war das auch nur der erste Schock. Vielleicht sollte ich das nicht tun. Sollte ich das tun? "Ich muss sie-- ich glaube ich muss Apple suchen. Aber--" Und wieder brach ich ab, weil ich nicht ausdrücken konnte, was in mir vorging.


RE: SQUAT HOUSE - Lahja Emilia O'Neill - 07.07.2016 22:52

Auch das war neu – normalerweise würde man viele Menschen in Ausnahmesituationen fragen, was zu tun war aber eher nicht Lahja. Meistens war sie es, die für diese Situationen verantwortlich war, die sie provoziert hatte oder aber die erste, die ihren Kopf aus der Schlinge zog aber das war diesmal etwas ganz anderes. Das ging diesmal nicht nur nicht sondern es war auch so, dass sie in Noahs Augen die Verzweiflung sah. Das er nicht wusste, was zu tun war und auch wenn sie sich das nie zugestehen würde, von selbst und auch wenn sie nicht damit gerechnet hatte, schaltete ihr Kopf komisch um, Ja, vielleicht war es diesmal Noah, der jemanden brauchte, der handelte und er das Feingefühl zeigte, was er sonst in solchen Situationen an den Tag legte. Auch sie fuhr sie mich sanftem druck über das Gesicht, eher sie den Kopf schüttelte, dann doch tief die Luft einsog und die Schultern anspannte. Es ging nicht, sie konnte sich nun nicht zurück ziehen, ihn sich selber überlassen – sie konnte sich nicht aus seinem Leben und den Menschen darin distanzieren, wenn es ihr mal gerade nicht passte, wie das lief. Zum Glück gab es diese letzten sechs Wochen, in denen sie sich Gedanken gemacht hatte, wo an seiner Seite sie stehen wollte und auch, was das für Konsequenzen mit sich brachte und erstmals hatte Lahja verstanden, auch wenn sie die Menschen nicht kannte oder gar mochte – waren die Menschen in Noah´s Leben, die ihm wichtig waren, nicht nur seine sondern irgendwo auch ihre Aufgaben. Jetzt konnte sie ihm beweisen, dass bei ihr angekommen war, was es hieß, eine Beziehung zu führen, in der man wirklich auch mal die eigenen Bedürfnisse hinter denen eines Partners anstellte. Also wurde ihr verwirrter, morgendlicher Blick zu einem festen und entschlossenen. Sie zog sich ihr Shirt über den Körper, stand auf dem Bett auf und ging auf den verloren wirkenden, jungen Mann zu und umgriff liebevoll seine Hände. „ Du packst jetzt einfach ein paar Sachen zusammen, ich rufe Kilian noch mal an und sage ihm – dass wir beide nach Los Angeles kommen. Dann gehen wir erst zusammen zu Haily und dann... dann suchst du Apple und ich... helfe dir und ich bin für dich da.“ Dies war keine wenn oder aber Situation, sie Entschied das so. Genau so taten die beiden es dann auch.
Lahja und Noah kamen am frühen Abend an. Das Haus suchten sie auf, noch bevor die beiden bei Kilian aufschlugen. Wenigstens konnte er sich mit seiner garstigen Art beherrschen, weil er schon am Telefon vernehmen konnte – dass es seiner Tochter Ernst war und auch wichtig, dass er Noah jetzt in Ruhe ließ. Eigentlich konnte Kilian das auch gut ignorieren aber die Nachricht über Chris Tod schien auch ihn den Ausnahmezustand akzeptieren zu lassen und er dachte wohl eher mal wieder andersherum – dass es seine Tochter war, die nun Noah brauchte. Vor dem Haus von Haily spielten sich aber andere Szenen ab, Lahja versicherte ihm, es sei für sie okay, vor dem Haus zu warten, wenn er nachsehen wollte, wie es seiner kleinen, blonden Hippie Freundin ging. Sie blieb geduldig, auch wenn der Besuch nicht mal so lange in Anspruch nahm, wie sie vermutet hatte. Noah schien niedergeschlagen, als er aus dem Haus kam – nach und nach konnte sie sich ein Bild machen, dass es damit zusammenhing, dass dieser Wirbelwind wohl nur in seinem abgedunkelten Zimmer lag, es ihr schlecht ging und das es Noah das Herz zerriss. Eigentlich wunderte sie sich schon, warum er deswegen nicht bei ihr blieb und sie bot es tatsächlich auch von sich aus an – dass er bei ihr bleiben konnte. Nachdem er das verneinte, kam auch raus, dass Haily ihn direkt gebeten hatte, Apple zu finden – weil sie sie nicht wiederfand und es ihr gesundheitlich und wegen der Tatsache um Aiden so miserabel ging, dass sie nicht suchen konnte. Das einige im Haus schon die Augen offen hielten aber niemand sie zu Gesicht bekommen hatte und auch bei ihrem alten Zuhause hatte Haily nach dem Unfall schon ein paar Mal geschaut aber da war nichts und niemand mehr.
Für Lahja stand nun eines fest, er würde nicht glücklich werden, eher er sie nicht fand und so brachten die beiden die Sachen von ihm zu ihr nach Hause aber dann zogen sie an den Spots vorbei, wo sich die Obdachlosen in Los Angeles sonst tummelten. Apple war nirgendwo aufzufinden. Noah schien das aber nicht so sehr zu wundern, Lahja wusste ja nicht, als was die Bekannte von Noah früher gearbeitet hatte. Er wollte Apple wohl auch nicht bloß stellen, denn irgendwann bat er sie einfach daheim zu warten und er würde weiter Suchen – dafür musste er auf den Strich, um auszuschließen, dass sie dort war. Apple war nicht dumm, sie würde das weite Suchen und das war spätestens dann klar, als er sie dort nicht fand. Die Mittel von ihr waren aber begrenzt, auch das war kein Geheimnis und er müsste einfach nur die kleinen, überschaubaren Szenen der Kinderprostitution in den umliegenden Städten abklappern, um sie zu finden. Während er das am Abend tat, gab Lahja tagsüber ihr bestes, für ihn da zu sein. Ihm Mut zu machen, am Abend mit einem flauen Gefühl wieder los zu ziehen und Lahja hoffte tatsächlich, er würde sie schnell finden, damit er endlich diese Sorge aus seinem Gesicht loswurde und dieses Ruhelose aber vorbildlich war sie ihm immerhin eine Stützte. Auch dann noch, als er ihr die Nachricht übersendete, dass er sie endlich gefunden hatte – Lahja hatte keine Ahnung wo oder wie oder in welchem Zustand, ganz komisch fühlte sie sich auch, als ihr dabei ein Stein vom Herzen fiel. Es durfte ihr egal sein, sollte es sogar, denn das war Chris Tochter und diese Behauptete, Lahja log aber sie war erleichtert für den Menschen, den sie liebte und dem es dadurch die vergangenen Tage schlecht gegangen war.


RE: SQUAT HOUSE - Noah Scott - 13.09.2016 21:02

Es war mittlerweile etwa ein Jahr vergangen, nachdem ich überstürzt eingewilligt hatte gemeinsam mit Lahja bis auf weiteres die Westküste zu verlassen und als Roadie mit ihr und diversen Bands durch das Land zu reisen, um immer mal wieder mit anzupacken, während sie ihre Ausbildung begann. Ein Jahr, in dem unheimlich viel passiert war, zwischen uns, in meinem Leben, aber auch in mir selber. Der Anblick von Apple mit einer Schusswaffe in der Hand und ihr späteres Verschwinden hatten mich noch lange beschäftigt und auch jetzt noch, nach vielen Monaten, lag ich manchmal einfach nur in meinem Bett und versuchte mir vorzustellen, wo sie gerade wohl lebte und wie es ihr ging, aber anstatt diese Erfahrung als Anlass zu nehmen, um mich vor anderen Menschen wieder mehr zu verschließen, arbeitete ich stetig weiter an mir selbst und an meiner hippiemäßigen Offenheit. Ich arbeitete daran mich hauptsächlich auf die positiven Gefühle zu konzentrieren, Liebe und Zuneigung zu verbreiten und auf mein Inneres zu hören, auch wenn das schon vor einiger Zeit dazu geführt hatte, dass Lahja und ich uns dann doch voneinander trennen mussten. Wir liebten uns, daran bestand kein Zweifel, aber wir waren mit den Jahren einfach zu unterschiedlich geworden. Ich konnte ihre destruktive Art nicht mehr nachvollziehen und merkte in der Zeit, in der wir tagtäglich auf engstem Raum beieinander verbrachten, dass mich das nur mehr belastete, als gut für mich war. Und Lahja wiederum konnte ihre Eifersucht nicht abstellen und sie konnte nicht verstehen, wie ich für jeden Menschen so viel Zuneigung empfinden konnte. Insbesondere für andere Frauen. Gleichzeitig hatten wir auch sexuell ganz andere Vorlieben und wie sehr uns das eigentlich einschränkte merkten wir auch erst, als wir miteinander lebten, über Wochen und Monate hinweg. Überraschenderweise war diese Trennung aber okay, für uns beide, denn wir beide merkten, dass die Anziehungskraft immer mehr schwand und dass wir zwar immer noch wichtig füreinander waren, aber dass unsere Beziehung nur noch in eine Sackgasse führte. Eng aneinander gekuschelt lagen wir im Bett, als wir darüber sprachen und unsere Partnerschaft letztendlich beendeten, aber genau so wollte ich es. Genau so wollte ich es auch fortführen, denn obwohl wir kein Paar mehr waren, war Lahja noch immer meine beste Freundin. Schon seit Jahren.
Deshalb reist ich auch nicht etwa direkt am nächsten Tag ab, sondern verbrachte noch mehrere Wochen mit ihr gemeinsam, bevor ich mich in New York abkapselte, um nicht nur eine Zeit lang bei meinen alten Freunden zu verbringen, sondern auch meine Familie zu besuchen und sogar vergangene Streitigkeiten mit meinen Eltern aus der Welt zu schaffen. Danach reiste ich einfach ziellos weiter durch das Land, verdiente mir das nötige Kleingeld mit Straßenmusik und genoss so lange die Freiheit, bis ich tief in mir spürte, dass es an der Zeit war nach San Francisco zurückzukehren. Mir fehlte das Haus, meine Freunde dort und mir fehlte es auch so etwas wie ein Zuhause zu haben, einen Rückzugsort. Ein bisschen Stabilität vielleicht sogar, denn in den vergangenen Wochen hatte ich auch gemerkt wie sehr ich mich mittlerweile wieder danach sehnte: Nach einer Beziehung, nach Zuneigung und Liebe. Auf meiner Reise schien es beinah unmöglich jemanden zu finden, denn ich war nunmal immer noch ich selber und bei mir dauerte es auch immer noch eine Zeit lang, bis es mir gelang mich auf eine Frau einzulassen, emotional, aber auch körperlich. Und gerade in dieser offenen, lebensbejahenden, freien Szene, in der ich mich aufhielt, stieß ich damit nicht auf viele Gleichgesinnte. Sex war für viele dieser Hippies eine Selbstverständlichkeit und gar nicht so sehr mit romantischen Gefühlen verbunden wie für mich, das führte dann allzu oft dazu, dass meine Zurückweisung bei Frauen falsch ankam und sie schnell das Interesse an mir verloren. Und wenn ich dann dazu kam Gefühle für jemanden zu entwickeln, dann hatte diejenige mich schon längst in die Friendzone abgeschoben. Das wurde immer belastender, immer frustrierender und mittlerweile sehnte ich mich schon richtig nach Nähe und danach endlich mal wieder jemanden zu finden, mit dem ich glücklich sein konnte, denn obwohl ich zwar viele Eigenschaften meiner Hippie-Freunde übernommen hatte, war ich beim Sex und bei körperlicher Zuneigung noch immer eher zurückhaltend.
Zum Glück empfing man mich in unserem Haus in San Francisco mit offenen Armen und obwohl mein Zimmer mittlerweile zwar anderweitig belegt war, wurde mir sofort ein Sofa im Wohnzimmer freigeräumt, wo ich erstmal schlafen konnte, bis ich in einen anderen Raum ziehen konnte. Es war gut wieder hier zu sein und als ich ein paar Tage nach meiner Ankunft bei einer großen Party im Haus mit einem Joint in der Hand in einem geöffneten Fenster saß und meinen Blick durch den Raum schweifen ließ, fühlte sich dieser Ort tatsächlich an wie Heimat.


RE: SQUAT HOUSE - Rebekka Smirnow - 14.09.2016 00:37

Eigentlich hatte Bex vorgehabt, ihren Abend mit ihrem Freund ausklingen zu lassen aber weil Joker eben Joker war, hatte er ihr mal wieder kurzfristig abgesagt und wie immer durfte sie auch den Grund dafür nicht Wissen. Manchmal deprimierte sie das, dass sie auch nach über einem Jahr Beziehung nicht alles aus seinem Leben erfahren durfte aber auf der anderen Seite, war es doch auch gleich. Wenn die beiden beisammen waren, fühlte sich ihr Leben besser an und sie war glücklich. Er hatte so viele gute Eigenschaften an sich und zumindest das, was er sie Wissen ließ, von seinem bisherigen Leben klang hart und sie wollte ihm die Zeit einräumen, sich ihr zu öffnen. Die beiden hatten ja keine Eile. Auch wenn es darüber genauso Streitereien gab, wie darüber, dass sie immer öfter dann nicht daheim auf ihn wartete sondern sich eben beschäftigte, in der frisch verliebt Phase war das anders gewesen und sie hatte sich auch viel mehr sagen lassen. Sie und ihre Familie waren gerade erst in das Haus ihrer Großmutter gezogen, weil die nicht mehr alleine in dem zu Recht kam und weil ihre Eltern unfassbar viel Arbeiten mussten, fiel die Pflege dann in ihre Hände. Für Bex war das in Ordnung, sie war eigentlich eher Traditionell erzogen worden und sie wusste, dass es dazu gehörte, sich um die ältere Generation zu kümmern. Heute war ihre Großmutter aber versorgt und bis ihr Vater zur Nachtschicht aufbrechen sollte, konnte sie ihre Zeit frei füllen. Das junge Mädchen war durch eine Bekannte zu diesem Haus gekommen, die hier lebte. Bex machte gerade ein Praktikum im Tierheim und eine ihrer Kolleginnen hatte von dem bunten Haus gesprochen. Voller Menschen, mit alternativem Denken, einer liebe zu Tieren und Menschen und weil das so schön klang, war sie ein paar Mal zum Kochen oder herum sitzen und sich austauschen vorbei gekommen. Sie wusste nicht ob sie das Mädchen mittlerweile als Freundin bezeichnen sollte oder nicht, diese feste Definition ging hier immer etwas unter und eigentlich war sie so ein Gast von allen aber das war auch okay. Zwar Fremd aber okay. Das hier heute eher Partystimmung wäre, hatte sie irgendwo vergessen und sie war etwas davon erschlagen, wie viel hier los war und hatte auch ein wenig ein schlechtes Gewissen. Joker hatte sich eben am Telefon schon darüber geärgert, sie hatte das gehört aber eigentlich hatte sie ihn damit beschwichtigen können, dass schon nichts groß passierte und immerhin konnte er ihr auch Vertrauen. Tat er auch, er sprach nur immer wieder davon, dass er den anderen Männern nicht Trauen konnte. Diese typischen Diskussionen halt. Als Bex dann die Gesichter Begrüßt hatte, die ihr schon etwas Vertraut waren, wollte sie sich irgendwo niederlassen als die Kollegin aus dem Praktikum sie mit sich zog und dann Noah vorstellte – zumindest sagte sie, der junge Mann, der da auf der Fensterbank säße, hieße so. Er war gerade von Reisen wieder her gekommen. Bex musste sich daran erst noch gewöhnen, denn statt sich nur vorzustellen, wusste ihr Gegenüber auch durch die Arbeitskollegin an ihrer Seite, dass Bex nun ein paar Mal hier gewesen wäre, dass sie ein Praktikum im Tierheim machte und das alles hier noch neu für sie war. Mit skeptischem Blick aber nicht unhöflich und deswegen mit einem Lächeln auf den Lippen, zog sie die Schultern etwas nach oben und blieb also neben der Fensterbank – damit neben Noah - stehen. „ Hey...“ Ja, sie hielt sogar noch brav die Hand entgegen zum, sich einander Vorstellen. „...und wo bist du so gewesen? Ich war hier erst ein paar Mal zu Besuch und finde die Menschen hier total lieb... aber manchmal bin ich etwas.... wie soll ich sagen... überfahren?“ Die Unsicherheit und Skepsis die richtigen Worte zu finden sah man ihr an aber sie war nicht zu Verlegen, sie in den Mund zu nehmen. Die Arbeitskollegin war also schon der Meinung das hier wäre ein Selbstläufer und verzog sich wieder – wohin auch immer. Das ihr Handy gerade vibriert hatte und dort eine Nachricht ihres Freundes auf sie wartete, hatte Bex vorerst völlig vergessen.


RE: SQUAT HOUSE - Noah Scott - 14.09.2016 13:24

Wenn man sich nach einer Beziehung, nach Zuneigung und nach Nähe sehnte, dann hatte man automatisch einen ganz anderen Blick für sein Umfeld und als eine Mitbewohnerin von Noah mit einer unbekannten, blonden Frau auf ihn zukam, war es deshalb auch nicht das erste Mal, dass er sie wahrnahm. Bex, wie sie anscheinend hieß, war ihm schon vorher aufgefallen, nicht nur, weil sie ganz offensichtlich eine attraktive, schöne Frau war, sondern weil sich auch eine angenehme Wärme um sein Herz legte, wenn sie lachte. Obwohl Noah oft versucht hatte den esoterischen Aspekt des Hippie-Daseins von sich zu weisen, konnte er nichts dagegen tun, dass einige Menschen nunmal so eine anziehende Aura besaßen. Dass man schon spüren konnte, ohne jemals ein Wort mit der Person geredet zu haben, wer ein gutes Herz besaß. Manchmal lag Noah da noch falsch, auch das hatte er während der vergangenen Wochen und Monate gelernt, aber als Bex ihn jetzt lächelnd ansah und er zur Begrüßung nicht etwa nur ihre Hand schüttelte, sondern direkt beide Hände um ihre Finger legte, während der Joint zwischen seinen Lippen klemmte, und sie auch einen Moment länger festhielt, als für ein steifes Händeschütteln eigentlich üblich war, glaubte er diesmal auf sein Gespür vertrauen zu können. "Freut mich. Es ist immer schön jemand Neues hier zu sehen." Ganz offen sah Noah sie von der Seite an und hielt auch direkt fragend die brennende Tüte in ihre Richtung. "Und glaub mir, ich weiß genau wie du dich fühlst. Ich kann mich noch viel zu gut daran erinnern wie ich hier zum ersten Mal hinein gestolpert bin vor - keine Ahnung - ich glaube zwei oder drei Jahren. Das war völlig verrückt. Ich hab mich so fehl am Platz gefühlt, aber ich hatte auch nicht besonders viele andere Optionen, wenn ich nicht lieber unter einen Brücke schlafen wollte, deshalb bin ich geblieben. Und ich hab schnell gelernt, dass es fehl am Platz hier eigentlich gar nicht gibt." Schon wieder lächelte Noah Bex ganz offen an und hing dabei viel länger als die meisten anderen Menschen mit seinem Blick an ihren Augen. "Wie bist du denn hier gelandet?"


RE: SQUAT HOUSE - Rebekka Smirnow - 15.09.2016 00:19

Da war es wieder – dieser lange Augenkontakt und auch wie warm Noah ihre Hand umschloss. Das war ihr manchmal etwas fremd aber Bex wehrte sich auch dagegen, die Menschen zu kritisieren oder sich davor zu verschließen. Warum war denn der Mensch so Misstrauisch, wenn andere ganz einfach Nett waren? Sie hörte neben Joker auch ihre Eltern sagen “ Vorsichtig Kind, die wollen sicher etwas von dir haben.“ Und so versuchte sie weniger oft auf den Boden zu blinzeln und damit seinen offenen und einladenden Blicken auszuweichen. Sie war hier noch mit keinem mal Plump angemacht worden und sie hatte auch in der geselligen Runde schon ein paar Mal ihren Freund angesprochen, niemanden schien das zu stören – im Gegenteil, auch er war herzlich Eingeladen. Niemand ging anders mit ihr um aber es kam ihr auch niemand unangenehm zu Nahe und Geld oder andere, materielle Leistungen hatte auch noch keiner erbeten. Woher sollte sie die auch Nehmen? Also entschied sie sich, auch die moralische Frage beiseite zu schieben, ob es okay war, sich mit einem Jungen so allein und abseits zu unterhalten und nahm den Joint dankend an, nachdem sie fragend auf den Platz neben ihm gedeutet hatte und sie sich auch an das Fenster setzte. Bex achtete zwar darauf, dass die beiden sich nicht erneut zu Nahe kamen, knäulte ihren Stoffbeutel zwischen die beiden aber sie kauerte auch nicht in der letzten Ecke um die Distanz bis auf den kleinsten Millimeter zu nutzen. „ Naja, Fehl am Platz finde ich mich auch gar nicht – alle sind total lieb aber... ich fange mal so an, weil du gerade gefragt hast wie ich hier her komme. Ich bin fertig mit der Schule und weiß noch nicht genau, was ich mal den Rest meines Lebens machen will. Eigentlich gerne was mit Tieren aber ich weiß nicht, ob mir das nicht irgendwann nur Leid tut und das Herz schwer macht, wenn ich ausgesetzte Tiere um mich herum habe oder was ihnen schlimmes passiert ist. Ein Job muss mir nicht das große Vermögen bringen aber ich will zumindest Morgens nicht jedes Mal denken: Oh Nein, schon wieder ein Tag an diesem schlimmen oder ätzenden Ort. Da hab ich May, deine Mitbewohnerin kennen gelernt und sie ist total lieb, hat von dem Haus hier erzählt und als ich ein paar Mal aus Neugier etwas gefragt habe, hat sie mich hier hin eingeladen. Im Tierheim sind manche Tiere Scheu und Misstrauisch, so wie die meisten Menschen um uns herum und andere, die Springen dich an und Freuen sich total. Hier waren die Menschen so wie... zweiteres und wenn man nur das erste kennt, dann kommt man sich schnell Überrumpelt vor und kann das nicht Einordnen.“ Als sie bemerkte, wie Lebhaft auch sie schon mit Beispielen ihre These untermalte, neue Aufstellte und versuchte sich zu Erklären, musste sie Lachen und legte die Handfläche über ihren Nasenrücken und neigte den Kopf ein wenig Verlegen. „ Das geht bei mir ja auch schon so los. Manchmal fragt man sich nach den Motiven von den Menschen... aber ich Glaube es gibt gar keine. Man ist nur so verwirrt, dass alle so offen sind und man kann sich einbringen, muss man aber nicht. Ich habe auch Freunde, so ist das nicht aber das ist... anders.“ Etwas Verzweifelt sah sie zu Noah wieder auf, Lächelte aber noch immer, denn eigentlich glaubte sie schon, dass er sie verstehen konnte. „ Aber das hier ist doch mal eine nette alternative zu einer Brücke, wenn... man... also...“ Und auch da wieder, Bex lag das unglaublich fern, kein Zuhause zu haben. Sie hatte nie einen Anlass, daheim weg zu gehen und deswegen sah sie auch schon mit Mitleid zu ihm. „ ...ich kann mir das gar nicht Vorstellen, so ohne Zuhause.. Obdachlos. Tut mir Leid, deswegen gucke ich schon so... erschüttert aber einige hier scheinen das ja genau so zu wollen.“ Sie fragte mit Absicht nicht, wie das bei ihm war, weil sie mochte keine Grenzen überschreiten. „ Also ich bin als Besucherin hier her geraten, ich wohne mit meinen Eltern und meiner Großmutter zusammen aber nachdem ich hier nur Neugierig drauf war, komme ich ab und an gerne her, wenn ich Zeit habe.“


RE: SQUAT HOUSE - Noah Scott - 15.09.2016 18:13

Ganz automatisch schüttelte Noah den Kopf, als Bex ihr halbes Gesicht mit einer Hand abschirmte und schon so aussah als wolle sie sich für die vielen Worte entschuldigen, die gegenüber einem Fremden plötzlich ihre Lippen verließen, aber genau darum ging es hier doch. Genau das war das Besondere an diesem Haus und an den Menschen, die hier lebten. Die Offenheit, die Zuneigung und vor allem das Interesse. Noah hatte eine Schwäche für die Menschen entwickelt, die sich nicht dafür schämten offen zu reden, für diejenigen, die sich nicht an gängige Small Talk Regeln hielten und mit Gesprächen über das Wetter begonnen, sondern so lebhaft erzählten wie Bex. Haily war genauso gewesen und er spürte schon, dass es der blonden Frau neben ihm ebenso gut gelang ihn mit ihren Worten zu fesseln. So sehr, dass er so lange schweigend, nickend, lauschend neben ihr saß, bis ihr Blick auf einmal einen mitfühlenden Ausdruck bekam, Noahs Augen daraufhin ganz groß wurden und er eilig den Kopf schüttelte. "Nein nein, ich war nicht- obdachlos. Im wörtlichen Sinne vielleicht schon, aber es war nicht so als hätte ich sonst keinen Ort gehabt, wo ich hätte hingehen können. Ich bin zwar schon früh Zuhause ausgezogen und ich hatte auch lange Zeit nicht besonders viel Kontakt zu meiner Familie, aber ich hab danach in einer WG in New York gewohnt, mit einigen Freunden von mir. Ich bin dann hierher gezogen, eigentlich nach Los Angeles, um bei meiner Freundin zu sein, aber es hat nicht so geklappt wie wir uns das vorgestellt haben und dann bin ich halt hier in San Francisco gelandet und wusste nicht wohin mit mir. Es hätte sich einfach falsch angefühlt diesen großen Umzug sofort wieder abzubrechen und zurück nach New York zu gehen, Los Angeles hat sich auch nicht wirklich richtig angefühlt, also eben hier. Und dann kam dieses Haus. Ich verdiene schon mein ganzes Leben lang Geld durch Straßenmusik, ich war also auch nicht besonders erpicht darauf mir hier einen richtigen Job zu suchen und in eine eigene Wohnung zu ziehen oder so, eigentlich wollte ich mal eine Zeit lang nur von meiner Musik leben und das Haus hier hat mir das auch ermöglicht. Sonst wäre nur noch die Brücke übrig geblieben. Oder arbeiten. Aber ich würde sagen ich bin nicht so der- Arbeitsmensch." Weil sich so eine Aussage für viele noch immer falsch anhörte, zog Noah lächelnd die Schultern hoch und schüttelte einmal den Kopf. "Ich will einfach nichts mehr machen, was mir nicht gefällt. Nichts, was ich machen muss, um in dieser Gesellschaft und in diesem System zu überleben. Dafür ist mir meine Zeit einfach zu schade. Das wenige Geld, das ich brauche, verdiene ich mir dann mit Straßenmusik. Und ich hab auch einmal die Woche in einer Kneipe gespielt, bevor ich reisen gegangen bin, ich müsste mal gucken, ob ich den Job jetzt wieder zurück kriegen kann. Oder irgendwo anders vielleicht." Noah konnte sich selber kaum mehr daran erinnern wie verschlossen er früher noch gewesen war und wie schwierig es sich manchmal gestaltet hatte mit ihm zu reden, weil er einfach wenig über sich preisgab. Das war mittlerweile völlig gewichen, er teilte sich gerne mit, aber trotzdem hatte er neben seiner Offenheit nie das Interesse an anderen Personen verloren. "May hat gesagt du machst ein Praktikum im Tierheim? Wie lange denn schon? Fällt es dir da schwer mit den ausgesetzten Tieren zusammen zu sein? Das ist bestimmt kein leichter Job, denke ich, und ich kann mir auch vorstellen, dass es unfassbar schwer ist, wenn man einigen Tieren nicht mehr helfen kann, aber- ist es dafür nicht auch umso schöner, wenn man dann helfen kann? Wenn man sieht wie die Tiere mit einer unschönen Vergangenheit ein wenig aufblühen und langsam wieder Vertrauen fassen?"


RE: SQUAT HOUSE - Rebekka Smirnow - 15.09.2016 23:27

Bex trug im inneren noch immer den Kampf aus, ob es in Ordnung war, sich mit dem Jungen so Abseits von den anderen zu Unterhalten. Wie würde sie das finden, wenn Joker das tat? Auf der anderen Seite, sie wusste ja nicht einmal, was er tat. Also wieso sollte sie sich schlecht Fühlen? Statt die Frage aber Endgültig zu beantworten, vertiefte sie sich so in die Erzählungen von Noah, dass sie das vergaß. Ihre Augen wurden unheimlich groß, weil das für sie alles wirklich so verwunderlich klang und sie holte schon fast ein bisschen Aufgeregt, tief Luft. „ Das klingt... ist... unfassbar Mutig. Einfach so drauf los zu ziehen. Du machst Straßenmusik? Mit welchem Instrument? Singst du und... sind das Cover oder deine eigenen Sachen?“ Alles was ihr Fremd war, weckte in ihr Neugier statt Ablehnung, auch wenn sie sich ihr Leben so niemals vorstellen könnte und es gab auch etwas, was sie nicht für sich behalten konnte. Egal wie Persönlich. „ Das mit deiner Familie tut mir Leid, also... der wenige Kontakt. Das klingt Spießig und die meisten Jugendlichen verstehen sich mit ihren Eltern nicht aber bei mir ist das ein wenig anders. Das liegt glaube ich auch... ohne das nun auf Bestimmte... Herkünfte zu beziehen, versteh mich bitte nicht falsch, daran, dass meine Familie eigentlich aus Russland eingewandert ist. Bei uns ist die Familie und die Eltern unglaublich wichtig und ich... mag das auch so. Das ist keine Erzwungene Liebe und auch wenn sie manchmal Streng sind, weiß ich, dass sie das nur sind, weil ich ihnen am Herzen liege und das ist schön.“ Das diese Worte nicht nur so dahin gesagt waren, sah man an ihrem warmen Blick und es steckte auch kein bitterer Unterton in ihren Worten. „ Ich will dir nicht zu Nahe treten, wenn doch, tut mir das Leid – aber ich frage mich immer: Was kommt dann im Alter? Noch ist Straßenmusik sicher schön und du kannst dir deine Zeit und dein Geld einteilen aber... in dreißig Jahren? Wo... würdest du dich dann sehen? Man muss ja dann... auch noch von etwas Leben.“ Bex stellte die Frage eher Zurückhaltend und wollte ihm damit Signalisieren, dass sie keine Grenzen überschreiten wollte. Sie achtete immer sehr darauf und es war auch schon relativ schnell deutlich, dass sie Höflichkeit und Benehmen anerzogen bekommen hatte aber mittlerweile war das kein Zwang mehr sondern auch für sie hatte das einen hohen Wert. Sie würde ihre Formen hier nicht Ablegen wollen und es war so schön, dass ihr das keiner Aberkannte.
Als Noah dann fragte, wie sie ihre Lage bisher in dem Job einschätzte, musste sie schon ein wenig darüber Grübeln und sah kurz aus dem Fenster hinaus in die Nacht. „ Nicht ganz zwei Monate mache ich das jetzt. Fest steht, ich werde mir immer mal wieder einen Hund borgen, die kommen viel zu selten raus aber ob ich das fest bleiben will, weiß ich noch nicht. Ich habe da ein kleines Experiment...“ Und mit einem Lächeln sah sie ihn wieder an. „ Nicht alle Tiere sind Scheu. Manche sind auch total aggressiv. Wie ein Kater. Man kann ihm nur Essen geben, wenn man vorher ein Handtuch über ihn wirft und ich finde das Traurig. Irgendwer hat ihn ja dazu gemacht. Ab und an bleibe ich bei ihm sitzen, wenn er dann frisst und ich das Handtuch wieder weg nehme. Er hat mich schon elendig gekratzt und gebissen...“ Demonstrativ zeigte sie ihm die helle Haut am Arm, wo einige Spuren des Katers noch nicht gänzlich verheilt waren. „...aber es wird. Manchmal kommt er etwas Näher, Schnuppert, Beobachtet mich – zum Glück bin ich ziemlich Geduldig und beobachte ihn genauso gern einfach nur. Ich will sehen, wie ich mich Fühle, wenn er mal mehr Vertrauen in einen Menschen hat. Ob ich das als Lohn sehen kann und darüber die... vergessen kann oder es mir das Herz nicht so schwer macht, wenn wir Tiere nur noch einschläfern können. Es ist schon richtig sie von ihrem Leiden zu Erlösen aber... ab und an wird mir richtig schlecht, wenn ich darüber nachdenke, was für einen langen und grauenvollen Weg sie bis dahin schon hatten. Ein Tier magert nicht binnen weniger Stunden bis auf die Knochen ab.“ Etwas schwerer füllten sich ihre Lungen mit Luft, in den zwei Monaten hatte sie nun doch schon einiges gesehen, was an den Menschen Zweifeln ließ. „ Ich meine, es ist... egal in welcher Situation ekelhaft, jemanden von sich Abhängig zu machen... wie ein Haustier aber auch Kinder und Kranke und der Verantwortung dann nicht nachzukommen. Man selber kann ja für sich Sorgen.“ Damit die Stimmung hier nicht eisig wurde, hob sie ihre Mundwinkel wieder etwas an. „ Ich wollte jetzt keinen moralischen Vortrag halten und dich langweilen, ich kann mich nur so leicht in das Thema hinein steigern. Entschuldige."


RE: SQUAT HOUSE - Noah Scott - 16.09.2016 14:53

Noah lächelte sanft, als die Blicke von ihm und Bex sich erneut trafen und er nicht nur hörte wie interessiert sie an seinem Leben war, sondern es auch deutlich in ihren aufgeweckten, offenen Augen sehen konnte. "Mit meiner Gitarre. Und eigentlich schreibe ich auch meine eigenen Sachen, aber auf der Straße kommen bekannte Lieder immer besser an, also spiele ich meistens Coversongs, wenn ich unterwegs bin. In der Kneipe konnte ich aber immer meine Songs spielen, deshalb hat mir das auch so viel Spaß gemacht." Irgendwann hatte sich sogar so etwas wie eine Stammkundschaft entwickelt. Gäste, die regelmäßig an besagtem Wochentag kamen, nur weil sie die Musik von Noah hören wollten und obwohl er dieses Rampenlicht-Gefühl schon von seinen Hardcore-Shows kannte, war das noch eine ganz andere, neuartige, wunderschöne Art der Bestätigung und Wertschätzung gewesen, die ihm immer mehr fehlte. "Was dann im Alter kommt? Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Ich würde sagen das sehe ich dann, wenn es soweit ist." Gleichgültig zog er die Schultern hoch, aber sein offenes, freundliches Gesicht verriet weiterhin, dass es ihn nicht störte auch solch persönliche Fragen zu beantworten. "Weißt du, wir haben immer dieses durchschnittliche Bild vor Augen, davon, wie unser Leben ablaufen wird. Schule, Ausbildung oder Studium, Arbeit, vielleicht Heirat, Kinder, Ruhestand. Und ständig arbeiten wir auf das hin, was als nächstes kommt. In der Schule strengt man sich an, damit man studieren oder eine gute Ausbildung machen kann. Da wiederum will man gute Noten schreiben, um später eine nette Festanstellung zu kriegen. Im Job arbeitet man hart, um seine Kinder und seine Altersvorsorge finanzieren zu können. Ich hab oft das Gefühl, dass man nur noch durch das Leben rennt und seine Ziele abhakt und viel zu viel Wert auf Sicherheit und Ordnung legt, dass man vergisst wie wichtig eigentlich die Gegenwart ist. Ich möchte jetzt glücklich sein, ich möchte mich jetzt wohlfühlen und ich möchte jetzt mein Leben genießen. Ich finde die Vorstellung ganz schrecklich, dass ich mich jeden Tag zu einem Job quäle, der mich nicht glücklich macht, nur um irgendwann irgendwelche Pläne finanzieren zu können, die noch nicht einmal greifbar sind. Was, wenn ich morgen sterbe? Kann doch sein. Möchte ich dann wirklich meinen letzten Tag in einem stickigen Büro verbringen? Das wird zwar oft als naiv und kurzsichtig belächelt, aber ich versuche wirklich jeden Tag so zu leben, als würde ich am nächsten Morgen nicht mehr aufwachen und bisher hab ich das noch nie bereut. Vielleicht ärger ich mich irgendwann, wenn ich tatsächlich alt bin, und wünsche mir dann ich wäre in jungen Jahren ein wenig verantwortungsbewusster gewesen, kann sein, aber so weit muss ich es auch erstmal schaffen. Und ich glaube wenn es dann wirklich so ist, dann bin ich auch erwachsen und bodenständig genug, um diese Fehler zu akzeptieren und mich meinem Schicksal zu fügen." Um Bex oder jeden anderen Menschen in dieser arbeitenden Bevölkerung aber nicht direkt in eine Schublade zu schieben, schüttelte Noah den Kopf. "Ich meine, versteh mich nicht falsch, wenn man einen Job ausführt, der einen wirklich glücklich macht und wenn es einen auch ausfüllt ständig etwas zutun zu haben und in Bewegung zu sein, Dinge zu erreichen und Pläne zu verwirklichen, dann ist das toll. Ehrlich. Jeder sollte das tun können, das ihn erfüllt, aber- ich selber sehe mich darin einfach nicht. Ich hab immer mal wieder irgendwo ein paar Tagesjobs ausgeführt, wenn ich dringend Geld brauchte, und das würde ich jetzt auch tun, aber ich mag einfach diese Verantwortung nicht, die ein fester Job mit sich bringt. Das passt nicht zu mir." Er zog die Beine ein wenig enger zu sich, so nah, dass er sie auf der Heizung unter dem Fensterbrett abstellen konnte, ehe er erneut nach dem Joint griff und dabei nachdenklich den Kopf zur Seite lehnte. Vielleicht wäre das anders geworden, wenn er von seinen Eltern ein wenig mehr Strenge in der Jugend erfahren hätte. Wenn er ihnen nicht so egal gewesen wäre. "Ich finde das schön wie du über deine Familie redest und um ehrlich zu sein bin ich sogar ein bisschen neidisch auf jeden, der das hat. Diesen engen Zusammenhalt mit den Eltern. Bei mir war es eher so- meine Eltern haben mich eher mit Desinteresse behandelt, anstatt streng zu sein. Als meine kleine Schwester geboren wurde, da wurde ich zur zweiten Wahl und das hat uns letztendlich auseinander getrieben, glaube ich. Wann seid ihr denn aus Russland gekommen? Kannst du dich daran erinnern oder warst du zu klein? Man hört dir gar keinen Akzent an." So als würde er danach suchen, sah er Bex noch einmal lange ins Gesicht. "Und wie viele seid ihr denn? Nur du und deine Eltern?" Ebenso wie ihre Herkunft, weckte auch ihre Arbeit im Tierheim Noahs Interesse, deshalb wandte er auch seinen Oberkörper etwas mehr in ihre Richtung, während sie sprach. "Ohne dir jetzt zu nahe treten zu wollen, ich kenne dich ja gar nicht wirklich, aber ich finde so wie du über deine Arbeit redest, kannst du da eigentlich nicht so falsch sein." Und schon wieder lächelte er ihr sanft, ermutigend zu. "Ich glaube, wenn man so eine Leidenschaft für etwas hat, dass man sich so schnell in Themen hinein steigern kann, dann ist man auf dem richtigen Weg. Und ich glaube dir, dass die Schicksale dort teilweise schrecklich mitanzusehen sind, aber was du mit dieser Katze machst und wie viel Geduld du hast, damit sie ganz langsam wieder Vertrauen aufbauen kannst, das ist doch genau das, was diese Tiere brauchen. Ich denke, falls du dich dazu entscheidest das weiterhin zu machen, dann können sich viele Katzen und Hunde und andere Kleintiere wirklich glücklich schätzen, dass sie an jemanden wie dich geraten." Noah mochte Körperkontakt, er hatte gelernt wie schön und wichtig das sein konnte, und obwohl er da zwar nicht ganz so ungebunden war wie Haily, legte er trotzdem kurz motivierend seine Hand auf die Schulter von Bex. "Kann das jeder machen? Hunde ausführen, meine ich. Ich hab mir schon so lange vorgenommen, dass ich das mal tun wollte, aber bin dann doch nie dazu gekommen zu einem Tierheim rauszufahren. Kann ich dich mal begleiten?"